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Ein guter Tag für den Religionsunterricht traditioneller Art in Berlin! Der Verzicht der Berliner CDU auf kostspielige Pläne, die keiner wollte, zeigt Realitätssinn

Der noch vor dem Osterfest 24 von der Berliner Regierungspartei CDU angekündigte Verzicht auf die Einführung des Religions- und Weltan-schauungsunterrichts als ein reguläres Unterrichtsfach der Berliner Schule ist ein Glück für den bestehenden, staatlich finanzierten Religionsunterricht in der Verantwortung der Religions – und Weltanschauungsgemeinschaften. So kann es bei den kleinen Frequenzen von max. 12 in der Grundschule und 15 in der Oberschule bleiben. Wäre dies entsprechend den Regierungsplänen geändert worden, hätten sich die Gruppengrößen schulüblich verdoppelt.

 

Woher wollte Schulsenatorin Katharina Günther-Wünsch angesichts von ca. 700 fehlenden Lehrkräften auch die zusätzlichen Lehrerstellen herholen, die die im Koalitionsvertrag geplante Maßnahme erforderlich gemacht hätte?
Die Tatsache, dass nicht einmal die beiden großen Konfessionen gegen die Rücknahme der Pläne protestierten, zeigt, dass in Berlin eigentlich niemand das Wahlversprechen der Landes-CDU eingelöst sehen wollte.

 

Der Sprecher des „Bündnis Pro Ethik“, Gerhard Weil, verwies außerdem darauf, dass der Volksentscheid „Pro Reli“ nicht nur eine Mehrheit und das erforderliche Quorum verfehlt hatte, sondern die Berliner sogar mehrheitlich dagegen gestimmt hatten. „Es darf nicht sein, dass die Regierung nach und nach alle von der Bevölkerung gefassten Beschlüsse ungerührt in ihr Gegenteil verwandelt!“

 

Dr. Gerhard Weil, Sprecher des Bündnis Pro Ethik und LAMA der GEW Berlin

 

Berliner CDU kippt eigenes Ziel: Religion weiterhin kein ordentliches Schulfach

Der Tagesspiegel vom 28. März 2024

Der Religions- und Weltanschauungsunterricht hatte für den Regierenden Bürgermeister höchste Priorität: Er sollte ordentliches Lehrfach werden. Im neuen Schulgesetzentwurf ist davon keine Rede mehr.

 

Von Susanne Vieth-Entus

 

 

Heimlich, still und leise hat die CDU eines ihrer zentralen Ziele dieser Legislatur von der aktuellen Agenda genommen. Der als historisch gedachte Schritt einer Aufwertung des Religions- und Weltanschauungsunterricht zu einem regulären Unterrichtsfach der Berliner Schule fehlt im Schulgesetzentwurf, der am Dienstag den Senat passierte.
Die Gründe für diese Entscheidung wurden am Mittwoch auf Anfrage nicht genannt. Der Sprecher von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) verwies auf nähere Erläuterungen nach den Osterferien. Zudem betonte er, dass der Religions- und Weltanschauungsunterricht aber anderweitig aufgewertet werde.
Tatsächlich findet sich im Gesetzentwurf der Hinweis, dass die Religionsgemeinschaften einen Anspruch darauf haben, den Religionsunterricht anzubieten: „Wenn die 
Nachfrage nach Religions- oder Weltanschauungsunterricht be­steht und ein Träger daher diesen anbieten mochte, steht diese Entscheidung nicht zur Disposition der Schule“, heißt es im Gesetzestext.
Dies ist allerdings nicht neu: Auch bisher schon haben die Gemeinschaften einen Anspruch auf Raumnutzung. Künftig wird es lediglich für die Schulen schwieriger, entsprechende Anträge abzulehnen, was Schulleitungen 
angesichts der Raumnot mit Sorge sehen.
Ein jahrzehntelanges Ringen ging voraus
Diese Stärkung der Position der Gemeinschaften liegt allerdings weit unterhalb einer Aufwertung in Richtung eines regulären Schulfachs. Diese Aufwertung wäre nämlich für Berlin ein absolutes Novum gewesen. Denn Berlin ist neben Bremen das einzige Bundesland, in dem Religions- und Weltanschauungsunterricht nicht den Status von ordentlichen und mithin benoteten Fächern haben.
Die katholische und evangelische Kirche in Berlin hatten jahrzehntelang – mit Unterstützung der CDU – um diese Aufwertung gerungen, was 2009 im 
Volksentscheid „Pro Reli“ gipfelte. Die Befürworter unterlagen nur knapp mit 48,4 Prozent Ja-Stimmen.
Somit war es nicht verwunderlich, dass Kai Wegner als erster Regierender CDU-Bürgermeister seit 2001 das 
auch von ihm seit langem favorisierte Thema zurück auf die Agenda holen würde. In seinen „Richtlinien der Regierungspolitik“ war zu lesen, dass der Senat die Einführung eines Wahlpflichtfachs Weltanschauungen/Religionen als ordentliches Lehrfach anstrebt“. Er sollte „von fachlich ausgebildeten Lehrkräften erbracht und von den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften inhaltlich gestaltetet werden“.
Das Thema war Wegner so wichtig, dass er es auch gegen die Widerstände der SPD
 in die Koalitionsvereinbarung hineinverhandelte. Welche SPD-Kröte die CDU im Gegenzug schlucken musste, ist unbekannt.
Freilich müssen wir konstatieren, dass die vorgeschlagenen Änderungen lediglich die bislang schon geübte Praxis im Gesetzestext festhalten.
Aus der Stellungnahme der Kirchen
Die Senatskanzlei wollte sich nicht zu einem möglichen CDU-Verzicht auf ihr erklärtes Ziel äußern. Die Kirchen hielten sich am Mittwoch mit empörten Reaktionen zurück und ließen duchblicken, dass sie den Glauben an einen Sinneswandel noch nicht aufgegeben hätten. Zudem wurde deutlich, dass sich das Fehlen des wichtigen Punktes in der aktuellen großen Schulgesetzänderung noch nicht in den Verwaltungen der Kirchen herumgesprochen hatte.
Allerdings hatten die zuständigen Stellen in den Kirchen sehr wohl Kenntnis von der fehlenen Weichenstellung für 2024/25. Denn sowohl dem Katholischen Erzbistum als auch dem Evangelischen Konsistorium war der Gesetzentwurf zu einem frühen Zeitpunkt zur Stellungnahme zugesandt worden.
Ein öffentlicher Aufschrei der Kirchen blieb aus
Die zwei maßgeblichen Mitarbeiter der beiden Kirchen nutzten auch die Gelegenheit und gaben ein gemeinsames Statement ab, das sich im Anhang des Gesetzentwurfs befindet. Dort heißt es: „Freilich müssen wir konstatieren, dass die vorgeschlagenen Änderungen lediglich die bislang schon geübte Praxis im Gesetzestext festhalten“. Das entspreche nicht dem im Koalitionsvertrag politisch formulierten Ziel der Etablierung des Religionsunterrichtes als ordentliches Lehrfach.
Allerdings: Ein öffentlicher Aufschrei der Kirchen blieb aus. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, lautete dazu die lapidare Begründung aus Kirchenkreisen. Man gehe noch immer davon aus, dass sich etwas in Richtung der ursprünglichen Absicht tue. Vielleicht bei der nächsten Gesetzesänderung Anfang 2025.
Einer mehrheitlich konfessionsfreien Stadt wie Berlin steht es gut, dass Religion auch in Zukunft ein freiwilliges Gesinnungsangebot bleibt.
Maja Lasic, bildungspolitische Sprecherin der Berliner SPD
Nach CDU-Vorstellungen sollte sich das neue Fach in den Wahlpflichtbereich von Klasse 7 bis 10 einordnen. Dort hätte es mit anderen Fächern konkurrieren müssen. Ob die Nachfrage dafür gereicht hätte, war ebenso unklar wie die Frage, woher die dafür benötigten Lehrkräfte kommen und welche Lehrkräfte die Befugnis erhalten sollten.
Dass die CDU diese Grundlagen nicht vor der politischen Weichenstellung geklärt hatte, 
warf bereits vor einem Jahr Fragen auf – sowohl bei den Kirchen als auch bei der Islamischen Föderation. Im Übrigen hatte der neue Status für den Religionsunterricht nicht zu den „Leitgedanken einer modernen Bildungspolitik“ gehört, die Wegner und Günther-Wünsch während des Wahlkampfs im Februar 2023 gemeinsam dem Tagesspiegel erörtert hatten.
Da die SPD dem Ansinnen einer Aufwertung des Faches zu einem ordentlichen Unterrichtsfach mehrheitlich skeptisch gegenübersteht, fiel die Reaktion auf den Aufschub – oder auch das Platzen des Vorhabens – positiv aus: „Einer mehrheitlich konfessionsfreien Stadt wie Berlin steht es gut, dass Religion auch in Zukunft ein freiwilliges Gesinnungsangebot bleibt“, sagte die SPD-Abgeordnete und 
bildungspolitische Sprecherin Maja Lasic am Mittwoch dem Tagesspiegel auf Anfrage.

Soll jetzt der Religionsunterricht verstaatlicht werden?

von Dr. Gerhard Weil

In Berlin galt bisher an den Schulen die Trennung von Religion und Staat – und zwar seit 1945. Nach § 13 Berliner Schulgesetz vom 26. Juni 1948 ist der Religionsunterricht Sache der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (Berliner Schulmodell). Die Große Koalition aus SPD und CDU will das jetzt – im Jahre 2023! - ändern. Ein Blick zurück lohnt sich, um sich zu verdeutlichen, dass dieses Vorhaben nicht nur nicht gesetzeskonform ist – es ist auch zutiefst undemokratisch.

Der letzte staatliche Religionsunterricht fand in Berlin im Jahr 1937 an den öffentlichen Schulen statt. Dann hatten die Nazis genug von den vereinzelten Widerständen der Religionslehrkräfte, schafften den Religionsunterricht an den Schulen ganz ab und verdrängten ihn aus dem Stundenplan und von den Schulgebäuden in die Pfarr- bzw. Gemeindehäuser der beiden christlichen Konfessionen.
Nach der Befreiung im Mai 1945 handelten Vertreter der evangelischen Kirche in Berlin mit der zunächst allein herrschenden sowjetischen Militärführung die Einrichtung von Religionsunterricht in den Schulgebäuden unabhängig und eigenverantwortlich vom Schulbetrieb für die großen christlichen Konfessionen aus, es wurden zudem extra Schulzeugnisse ausgegeben. Auch nachdem die Westallierten in ihre Westsektoren Einzug hielten, änderte sich an dieser Regelung nichts. Der Grund: Natürlich gab es an Schulen in der Sowjetunion keinen staatlich christlichen Religionsunterricht, aber dieser war auch weder in den USA, noch in Großbritannien zu finden, schon mal ganz abgesehen vom laizistischen Frankreich. Diese Situation fand sich deshalb im Berliner Schulgesetz von 1948 wieder und führte u.a.1949 zur Bremer Klausel im Grundgesetz, die im Artikel 141 niedergelegt ist.
An dieser Regelung hielt die Berliner Politik eisern über die Jahrzehnte auch in Zeiten der Beteiligung oder gar Führung der Landesregierung durch die CDU fest. Ja, zu Zeiten der Berliner CDU-Schulsenatorin Hanna-Renate Laurien wurde sogar das Fach Lebenskunde, angeboten vom Humanistischen Verband Deutschland (HVD) in der Grundschule als Alternativfach zu Religion erstmals in Deutschland eingeführt und schulgesetzlich verankert. Lebenskunde ist heute das Fach mit der stärksten Nachfrage an der sechsjährigen Grundschule.

Erst als im Jahre 2006 das Fach Ethik für die Klassen 7 bis 10 aller Schularten als verbindliches Schulfach eingeführt werden sollte, entfachte der damalige evangelische Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber gegen die Pflichteinführung von Ethik eine vehemente Kampagne unter dem Slogan „Keine Werte ohne Gott!“, dem sich die katholische Kirche und dann konservative Kreise und Medien anschlossen. Ein Slogan übrigens, dem sich nach den wenige Jahre später aufscheinenden Missbrauchsfällen wohl heute niemand mehr ernsthaft anschließen dürfte!
Aus dieser Kampagne entwickelte sich nach Einführung des Faches Ethik und einer gescheiterten Verfassungsklage gegen ihre Rechtmäßigkeit der Volksentscheid „Pro Reli“ und damit erstmals der Versuch, staatlichen Religionsunterricht als Wahlpflichtfach und Alternative zu Ethik zu etablieren. Damit wäre die Berliner Regelung des Religionsunterrichts von 1945/48 aufgekündigt worden. Ein breites Bündnis von SPD, Grünen, Linkspartei, GEW Berlin, Humanisten und vielen weiteren Gruppierungen bildete das „Bündnis Pro Ethik“, dem es nach vielen Diskussionen und medialen Scharmützeln gelang, die Berliner Bevölkerung zu überzeugen, dem Vorschlag von „Pro Reli“ zu keinem erfüllten Quorum zu verhelfen und sogar mit Mehrheit abzulehnen.

Nach der in dieser Höhe selbst vom Bündnis Pro Ethik kaum erhofften Klatsche für die Befürworter staatlichen Religionsunterrichtes, der nach den Missbrauchsskandalen landesweit rasant gestiegenen Zahl der Kirchenaustritte schien eigentlich die Bedrohung des Ethikunterrichts und die Verstaatlichung des Religionsangebotes eher unwahrscheinlich zu sein. Ich gestehe ehrlich, die CDU nie als Programmpartei erkannt habend, bei der diesjährigen Wiederholungswahl nicht ins Programm geschaut– aber ihr auch keine Regierungschance eingeräumt zu haben. Ein Fehler! Der nachfolgende Auszug aus Unser Berlin-Plan der CDU zeigt nämlich, dass die CDU sehr wohl vorhatte, die Ergebnisse des Volksentscheides Pro Reli zu 100% in ihr Gegenteil zu verwandeln:
„Wahlpflichtfach Ethik/Religion und staatlichen Islamunterricht einführen

 

Wir werden sicherstellen, dass der Religions- und Weltanschauungsunterricht seinen festen Platz in der Schule hat und ein Wahlpflichtfachbereich Religion/Ethik eingeführt wird. Hierzu muss konsequenterweise auch staatlich verantworteter Islamunterricht gehören.“
Die Verstaatlichung des Islamunterrichts und die Ausweitung auf das bislang auf die Grundschule beschränkte Angebot auf die Sekundarstufe kämen als „Drops“ noch dazu. Hätte ich der CDU niemals zugetraut!
Und was haben die Berliner Sozialdemokraten bei den Koalitionsverhandlungen daraus gemacht?  Sie haben das Fach Ethik in seiner Existenz zwar gerettet, aber dann all das, wofür sie im Bündnis Pro Ethik gekämpft haben, auf den Koalitionsopfertisch zur Schlachtung freigegeben: Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD, der von 54,7% der SPD-Mitglieder angenommen wurde, heißt es:
 „Die Koalition strebt die Einführung eines Wahlpflichtfachs Weltanschauungen/Religionen als ordentliches Lehrfach an. In einem von fachlich ausgebildeten Lehrkräften erbrachten und von den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften inhaltlich gestalteten Unterricht können Kenntnisse über Religionen und Weltanschauungen vermittelt werden.“
In ihrer gemeinsamen Presseerklärung vom April 23 fragen die Fachverbände Ethik und Philosophie: „Wer fordert unter Schüler*innen, Eltern, Schulleiter*innen oder Lehrer*innen eine Veränderung? Die Anzahl der Wochenstunden erhöhen will niemand. Forderungen nach mehr Wirtschaft, mehr IT, auch mehr Nachhaltigkeit sind hörbar. Aber mehr Religion? Und diese als ordentliches Lehrfach? Das ist nicht nur nicht gesetzeskonform – es wird auch im schulischen Kontext nicht gefordert. Uns jedenfalls ist nichts davon zu Ohren gekommen. Hinter verschlossenen Türen allerdings muss der Partei, die das C in ihrem Namen trägt und die damals vor dem Volksentscheid von 2009 die Initiative „PRO RELI“ unterstützte, wieder eingefallen sein, dass sie den Kirchen etwas schuldet.“  Und das in einer Zeit, in der Ethik sich als säkulares Wertefach etabliert hat, alle Schüler*innen gleichzeitig erreicht - während konfessionell gebundener Unterricht wieder trennt. Gesellschaft wird weiter gespalten in einer Zeit, wo Demokratie heftigsten Angriffen ausgesetzt ist. 

Damit wäre die Verstaatlichung des Religionsunterrichts vollendet, dem Religionsunterricht aber beileibe nicht geholfen: Seine Privilegierung hinsichtlich in der Regel halber Gruppengröße müsste als Regelunterricht in der Berliner Schule umgehend beendet werden und mündete in einer dramatischen Schlechterstellung. Woher die zusätzlichen Stunden im Stundenplan und die Lehrkräfte kommen sollen, bleibt angesichts der fortlaufend unzureichenden Bewerberzahlen unerfindlich.

Es wird die Aufgabe der GEW und der verbleibenden Partner im Bündnis Pro Ethik sein, eine ausreichende Zahl von SPD-Mitgliedern und Abgeordneten zu überzeugen, dass man die Entscheidung der Bevölkerungsmehrheit zu „Pro Reli“ nicht fahrlässig und grundlos in ihr Gegenteil verwandeln und nicht die bewährte Berliner Nachkriegstradition des Religionsunterrichts in der Verantwortung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften über Bord werfen sollte!

Vergleiche auch:

Gerhard Weil: Jetzt kommt der staatliche Religionsunterricht. Erstmalig nach der Kaiserzeit soll Religion wieder ordentliches Unterrichtsfach werden.  bbz Heft 09-10/ 2023

 

https://www.gew-berlin.de/aktuelles/detailseite/jetzt-kommt-der-staatliche-religionsunterricht

Marienfiguren in einem Geschäft in Fatima/Portugal   Foto: Weil
Marienfiguren in einem Geschäft in Fatima/Portugal Foto: Weil

Gemeinsame Presseerklärung des Fachverband Ethik, Landesverband Berlin und des Fachverband Philosophie e.V., Landesverband Berlin zum Vorschlag eines Wahlpflichtbereichs Religionen/Weltanschauungen im Entwurf des Koaltionsvertrags Berlin, April 2023 Wer – um Gottes Willen – will diesen Wahlpflichtbereich?

Was hat die SPD sich bloß dabei gedacht? Oder besser: welchen Kuhhandel hat sie betrieben, als sie der CDU in den Koalitionsverhandlungen anbot, das Fach Religion als staatliches Schulfach an die Oberschulen zu holen? Wörtlich heißt es im Entwurf des Koalitionsvertrags: „Die Koalition strebt die Einführung eines Wahlpflichtfachs Weltanschauungen/Religionen als ordentliches Lehrfach an. In einem von fachlich ausgebildeten Lehrkräften erbrachten und von den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften inhaltlich gestalteten Unterricht können Kenntnisse über Religionen und Weltanschauungen vermittelt werden.“ ( S.42) Konkret bedeutet das für die Schulen: Sie müssen einen neuen Wahlpflichtbereich bilden, für den es nicht nur so gut wie keine Lehrkräfte gibt (vgl. TSP vom 11.4.23) – es fehlt auch an Fächern, die zur Wahl stünden. Der Plural in „Religionen“ ist Augenwischerei, denn allein für den christlichen Religionsunterricht stünden überhaupt Lehrkräfte, wenn auch zu wenige, zur Verfügung – staatlich ausgebildete Lehrkräfte für den Islam, den Buddhismus usw. derzeit nicht. Und was ist mit „Weltanschauungen“ gemeint? Bekannt in Berlin ist der Humanistische Verband, der bereits Lebenskunde an den Grundschulen erteilt. Aber darüber hinaus? E Fachverband thik Landesverband Berlin Für die Ethiklehrkräfte und für alle, die sich für das säkulare Fach Ethik eingesetzt haben, klingen diese Worte wie eine Kampfansage. Das Fach Ethik wurde in den 17 Jahren seiner Existenz als Pflichtfach für alle Schüler*innen im Rahmen einer breiten öffentlichen Debatte auf- und ausgebaut, zuletzt durch die Forderung nach mehr politischer Bildung auch – zumindest teilweise – wieder abgebaut. Bemerkenswert erscheint uns dabei: all das geschah aufgrund einer breit angelegten Diskussion unter Einbeziehung der interessierten Berliner Öffentlichkeit. Die Kirchen kämpften für eine Wahlmöglichkeit der Schüler*innen zwischen Ethik und Religion, aber die Mehrheit der Berliner*innen votierte in einem Volksentscheid für die säkulare und gemeinsame Wertebildung auf Grundlage der Menschenrechte im Klassenraum, mit anderen Worten: für das Pflichtfach „Ethik“. Religionsunterricht garantiert das Schulgesetz weiterhin, zwei günstig gelegene Unterrichtsstunden muss jeder Stundenplan zwischen 7. Und 10. Klasse einplanen. Erteilt wird er, wie es das Berliner Schulgesetz von 1948 vorsieht, dem vom Grundgesetz der Vorrang eingeräumt wird (sog. „Bremer Klausel“, § 141 GG), durch die Religionsgemeinschaften. Ob die Stunden genutzt werden, bestimmt das Interesse der Schüler*innen. Damit soll nun Schluss sein. Aber warum nur? Wer fordert unter Schüler*innen, Eltern, Schulleiter*innen oder Lehrer*innen eine Veränderung? Die Anzahl der Wochenstunden erhöhen will niemand. Forderungen nach mehr Wirtschaft, mehr IT, auch mehr Nachhaltigkeit sind hörbar. Aber mehr Religion? Und diese als ordentliches Lehrfach? Das ist nicht nur nicht gesetzeskonform – es wird auch im schulischen Kontext nicht gefordert. Uns jedenfalls ist nichts davon zu Ohren gekommen. Hinter verschlossenen Türen allerdings muss der Partei, die das C in ihrem Namen trägt und die damals vor dem Volksentscheid von 2009 die Initiative „PRO RELI“ unterstützte, wieder eingefallen sein, dass sie den Kirchen etwas schuldet. Und dass die SPD, was das Fach Ethik betrifft, damals doch eher gespalten war. Der Moment schien gekommen, Verlorenes zurückzufordern. Und die SPD willigte ein – im Tausch wogegen ist bisher nicht bekannt. „Das Fach Ethik bleibt in seiner bisherigen Form bestehen“, heißt es weiter im Koalitionsvertrag. Man will ja keine schlafenden Hunde wecken. Das Kalkül dahinter könnte sein: Neben Ethik wird dieser neue „Wahlpflichtbereich“ seitens der Schulen kurzerhand als undurchführbar gelten. Die senatsseitige Antwort wird lauten, dann stehe Religion eben „leider“ doch zu „Ethik“ in Konkurrenz. Kurzum: es geht um ein „Bauernopfer“. Es ist ein Schritt rückwärts und ein Schritt an den Bedarfen der Berliner Stadtgesellschaft vorbei. Wer Toleranz und Verständigung unter unseren Schüler*innen wirklich fördern will, sollte besser das Stundenkontingent in dem dafür bereits zuständigen Lernbereich Gesellschaftswissenschaften erhöhen - sprich auch im Fach Ethik. Die Vorstände der Landesverbände der Fachverbände Ethik und Philosophie Alexander Krüger, Sebastian Vaupel, Margret Iversen (FV Ethik Berlin, alexandermariakrueger@web.de, fachverband_ethik_iversen@t-online.de) / Stefanie Thiele, Henning Franzen, Sophia Gerber (FV Philosophie, berlin@fv-philosophie.de)

Na bitte, es tut sich was, selbst in Bayern!:

Schock für Kirchen und muslimische Verbände

Christen und Muslime in Bayern mehrheitlich für gemeinsamen Ethik-Unterricht

 

Dass 85 Prozent der Bürger ohne Religion einen gemeinsamen Ethikunterricht für alle Schüler befürworten, war zu erwarten. Doch auch die katholischen und evangelischen Christen sprechen sich ebenso wie die muslimischen Bürger mehrheitlich dafür aus, dass ihre Kinder gemeinsam mit konfessionsfreien Kindern im Fach Ethik unterrichtet werden.

Das größte deutsche Marktforschungsinstitut GfK hat vom 24. Februar bis 20. März 2022 bundesweit 4300 repräsentativ ausgewählte deutschsprachige Bürger im Alter von 18 bis 74 Jahren, davon 647 in Bayern, im Auftrag des Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern befragt. Dessen Vorsitzender Erwin Schmid bewertet das Ergebnis als ein „Desaster für Kirchen und muslimische Verbände. Offensichtlich erkennen die eigenen Mitglieder besser als die Führung, dass ein friedvolles Zusammenleben und der gesellschaftliche Zusammenhalt nur durch Stärkung des Gemeinsamen und nicht des Trennenden gefördert werden kann.“ Wenn 64 Prozent der Bayern einen gemeinsamen Ethikunterricht für alle Schüler befürworten, sei das fast eine verfassungsändernde Mehrheit.

32 Prozent Konfessionsfreie in Bayern

Statt nach der Mitgliedschaft zu fragen, wollte der bfg Bayern wissen, welcher Religion sich die Befragten zugehörig fühlen. Denn aus Kirchenkreisen wird immer wieder die Vermutung geäußert, dass die Kirchenaustritte ihren Grund in der Vermeidung der Kirchensteuer hätten und nicht in der Abwendung vom Glauben. „Die Umfrage zeigt jedoch keine große Diskrepanz zwischen den offiziellen Mitgliederzahlen der Kirchen und den Ergebnissen der GfK-Umfrage“, erklärt Ernst-Günther Krause, der beim bfg Bayern zuständige Experte für die Ethikumfrage. Danach fühlen sich 42 Prozent als katholische und 21 Prozent als evangelische Christen. Die sich als muslimisch bezeichnenden Befragten kommen auf 3 Prozent, die sich anderen Religionen zugehörig fühlenden auf 2 Prozent. Mit 32 Prozent liegt der Anteil der Konfessionsfreien in Bayern weit über dem der evangelischen Christen. „Die sich ohne Religion glücklich fühlenden Bürger werden allerdings nicht wie die Kirchen vom Staat mit Millionenbeträgen gefördert“, kritisiert Krause die seit vielen Jahrzehnten gezahlten Subventionen.

Bundesweit 72 Prozent Zustimmung für gemeinsamen Ethikunterricht

Bundesweit liegt die Zustimmung für einen gemeinsamen Ethikunterricht mit 72 Prozent deutlich über der von Bayern. Dass die neuen Bundesländer mit 79 Prozent an der Spitze liegen, ist wohl dem hohen Anteil an Konfessionsfreien geschuldet, der zwischen 70 Prozent in Brandenburg und 77 Prozent in Thüringen liegt.

Doch auch in den alten Bundesländern sind durchschnittlich 70 Prozent der 18- bis 74-Jährigen für einen gemeinsamen Ethikunterricht. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt die Zustimmung sogar bei 74 Prozent, obwohl sich in NRW je 30 Prozent als katholische und evangelische Christen sowie 6 bis 7 Prozent als Muslime bezeichnen. 31 Prozent stufen sich in NRW als konfessionsfrei ein – ein Prozentpunkt weniger als in Bayern. Grafiken mit Ergebnissen für die Bundesländer befinden sich im Anhang.

Lehrkräfte für Ethikunterricht fehlen

Spätestens nach der Landtagswahl im Herbst 2023 werde es bei allen politischen Parteien zu einem Umdenken kommen. „Man kann nicht erfolgreich über längere Zeit gegen eine so klare Mehrheit in der Bevölkerung regieren“, ist Ernst-Günther Krause überzeugt. Der Pädagoge im Ruhestand hat selbst mehr als zwei Jahrzehnte lang zusehen müssen, wie zwei Gruppen von Schülern den Klassenraum verlassen mussten und eine dritte Gruppe sitzenbleiben konnte. „Und das letztlich nur, weil ihre Eltern Mitglieder von zwei größeren Kirchen sind oder sich keiner oder einer anderen Religion zugehörig fühlen. Das muss ein Ende haben.

Das Staatsministerium für Kultus und Unterricht (StmUK) habe laut Krause bisher völlig unzureichend auf den wachsenden Anteil konfessionsfreier Schüler reagiert. Wenn ein Ministerium in der aktuellen Antwort an eine Landtagsabgeordnete zugeben muss, dass dem Ministerium „umfassende Zahlen zur Qualifikation der Ethiklehrkräfte, in denen alle Qualifizierungsmöglichkeiten zur Erteilung von Ethikunterricht an der Realschule, dem Gymnasium sowie den beruflichen Schulen erfasst sind“, nicht vorliegen, spreche das für eine Vernachlässigung politischer Pflichten.

Steigerung der Attraktivität der philosophisch-ethischen Studiengänge erforderlich

Am 1. März 2022 kommt das Ministerium zu dem Fazit, dass „weiterhin ein hoher Bedarf an zusätzlichen Lehrkräften mit Lehrbefähigung im Fach Ethik“ besteht. Die Zahlen vom Wintersemester 2020/21 belegen jedoch genau das Gegenteil: ein Missverhältnis zwischen der Nachfrage nach Ethikunterricht und dem dafür erforderlichen Lehrkräftebedarf. 15 Prozent der Studierenden haben sich neu für Ethik/Philosophie eingetragen und 85 Prozent neu für evangelische (28 Prozent) sowie katholische (57 Prozent) Religionslehre. Angesichts der Tatsache, dass sich mehr als 30 Prozent der volljährigen Bürger Bayerns als konfessionslos bezeichnen, sei Handeln und kein ministerielles „Beobachten der Entwicklung der Studierenden- bzw. Absolventenzahlen in den verankerten Fächerverbindungen mit Ethik“ erforderlich, schlussfolgert Krause. „Die politischen Parteien müssen von der bisherigen Benachteiligung des Ethikunterrichts abrücken.

Ansprechpartner

Ernst-Günther Krause

Telefon 089 / 317 12 12 + 0174 / 510 88 32

bfg-bayern-egk@t-online.de

Bund für Geistesfreiheit Bayern

> bfg-bayern.de

Der Bund für Geistesfreiheit Bayern (bfg Bayern) ist eine Weltanschauungsgemeinschaft, die sich an den Grundsätzen der Aufklärung und des Humanismus orientiert. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist er den Religionsgemeinschaften rechtlich gleichgestellt.

Der bfg Bayern ist die Dachorganisation, der sich die Ortsgemeinschaften in Bamberg, Deggendorf, Erlangen, Fürth, Kulmbach/Bayreuth, München, Nürnberg, Neuburg / Ingolstadt, Regensburg und Schweinfurt angeschlossen haben.

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GfK-Umfrage zum Ethik-/Religionsunterricht

 

Erhebungszeitraum:      24.02.-20.03.2022

Methode:                       GfK eBUS®

Stichprobe:                   4000 Personen im Alter von 18-74 Jahren, die die deutschsprachige Bevölkerung repräsentieren

Berlin, Februar 2021
Stellungnahme des Fachverband Ethik Berlin zum Vorgehen des Justizsenators
gegen das Neutralitätsgebot an Berliner Schulen
Der Fachverband Ethik verteidigt die im Berliner „Neutralitätsgesetz“ im § 29
der Verfassung von Berlin eingeforderte religiöse und weltanschauliche Neutralität
von Lehrkräften, wie sie für die Schulen in einem Rundschreiben vom 4. September
2017 vom Senat für Bildung, Jugend und Familie ausgelegt und begründet
wurde.
Für Lehrkräfte im Allgemeinen, aber insbesondere für Ethiklehrkräfte ist eine neutrale Haltung gegenüber den Religionen und Weltanschauungen der Schüler*innen eine wesentliche Voraussetzung, um den offenen Austausch in der Gruppe zu ermöglichen und zu üben.
Die Einsicht in die Funktion dieser neutralen Haltung als Lehrkraft halten wir
für unabdingbar.
Im Ethikunterricht geht es darum, Schüler*innen zu befähigen, Spannungen in einer diversen Gesellschaft auszuhalten. Sie sollen befähigt werden, ihre Individualität und ihre kulturellen und religiösen Prägungen auszudrücken und zu verteidigen, sowie die eigenen Überzeugungen im Zuge dieses Dialogs auf ihre Geltung hin zu überprüfen.
Als Ethiklehrkräfte sind wir die Moderator*innen auf dem Weg in die Vielfalt.
Deshalb halten wir die sichtbare Demonstration bekenntnisbezogener Neutralität für Lehrkräfte nicht für ein Verbot, sondern für ein Gebot. Es gebietet die Selbstprüfung, ob man in der Rolle der Lehrkraft bereit ist, dieser repräsentativen Neutralität im Beruf den Vorrang einzuräumen gegenüber dem eigenen religiösen Ausdruck.
Uns ist bewusst, dass z.B. unter Musliminnen die Kopfbedeckung mit tiefen religiösen Gefühlen verknüpft sein kann, ebenso aber, dass diese derzeit als Symbol auch für Werte steht, die dem ethischen Minimalkonsens unserer Gesellschaft nicht entsprechen. Während der Berufsausübung etwa auf eine religiös motivierte Kopfbedeckung zu verzichten, bedeutet eine selbst bestimmte Priorisierung der Neutralität im Namen der Pluralität unserer Gesellschaft.
Die Forderung der religiösen Neutralität an die Lehrkräfte ist nicht diskriminierend.
Gleichzeitig treten wir als Bürger*innen und Pädagog*innen entschieden jedweder Diskriminierung von Trägern religiöser Symbole – sei es Kippa, Davidstern, Kreuz oder Kopftuch - im Klassenraum und in der Öffentlichkeit entgegen.
In diesem Sinne fordern wir den Justizsenator, Herrn Behrendt, dringend dazu
auf, von der angestrebten Novellierung des Berliner Neutralitätsgesetzes abzusehen.

 

Kontakt: 0179-2333237 Margret Iversen fachverband_ethik_iversen@t-online.de

Sechs Thesen:

Stellungnahme der Fachverbände Ethik und Philosophie zur Kürzung des Ethikunterrichts:

Die Stellungnahme für den Bildungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses
200109_Stellungnahme_Bildungsausschuss.d
Microsoft Word Dokument 44.8 KB

Diskussion im Tagesspiegel vom 7.1. 2020 zu Kürzungen im Fach Geschichte und Ethik:

Artikel der Berliner Fachverband Ethik - Vorsitzenden Margret Iversen und Mike Gerwig in der GEW-Mitgliederzeitschrift bbz: Ethikunterricht ist fundamentale Demokratiebildung

bbz 11 / 2019    https://www.gew-berlin.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=88846&token=30f4845c060a7816624af9f3052b244ace6e34a9&sdownload=&n=bbz-11-2019.pdf

Seit diesem Schuljahr wird in der Sekundarstufe I weniger Ethik unterrichtet. Wieviel weniger, bleibt jeder Schule überlassen. Das schafft Unfrieden in den Schulen. Eines von vielen Argumenten unserer Autor*innen gegen die Neuerung.

Der gesamte Text auch hier auf der Seite des Fachverbandes:

 

Kleine Anfrage, Titel: Ethikunterricht in der Berliner Schule im Schuljahr 2019/20,  Abgeordnete: Kittler, Regina (LINKE)

Link: http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/S18-21204.pdf

Es gibt zu diesem Text eine gute und eine schlechte Meldung: Die gute zuerst: der Anteil des fachfremd erteilten Ethikunterrichts in Berlin ist auf 18,2 % gesunken, am Gymnasium sind es sogar nur 2,4%, an den ISS 30,4 %. Auch die Zahl der eingestellten Absolventen mit Ethik/Philosophie ist auf 109 im Schuljahr 2018/2019 gestiegen und "nur" 25% werden in der Grundschule eingesetzt, wo sie für Ethik verloren sind.

Die schlechte Nachricht: Der Senat initiert gegen den Widerstand unseres Bündnis und des Fachverbands Ethik Berlin eine "Reform", die die Zahl der Ethikstunden an den Schulen einschränkt, verschafft sich aber über die Auswirkungen keinerlei Überblick - siehe Antwort auf Frage 1 - weil er keinerlei Daten erhebt! Da ist man vor unliebsamen Ergebnissen auf jeden Fall sicher!

Powerpointvortrag durch die Fachverband-Ethik-Vorsitzende Margret Iversen zum gegenwärtigen Stand von Ethik vor der Berliner Landeselternvertretung

"Wie geht es dem Fach Ethik?" Bericht des FV Ethik bei der LEV Berlin (Landeselternvertretung) nach Einführung von Politik:
Zu ihrem Treffen am 22.3.2019, 19 Uhr im Roten Rathaus hatte die Landeselternvertretung (LEV) "Einführung des Faches Politische Bildung" auf der Tagesordnung. Eingeladen war der Fachreferent für die GeWi-Fächer, Martin Brendebach, und Margret Iversen, Vorsitzende des FV Ethik. Nachdem Herr Brendebach die Genese der Forderung nach dem neuen Schulfach dargestellt hatte - als Begründung für die Notwendigkeit für die Einführung von Politik wurde jetzt hauptsächlich das Scheitern der Einbindung in den Fächerverbund Geschichte/Geographie/Sozialkunde genannt - , erhielt der Fachverband Ethik das Wort.
Margret Iversen beantwortete vor der gut besuchten Berliner Elternvertretung die im Voraus an das Fach Ethik gerichteten Fragen der Eltern:
- Wie ist die Ausstattung des Faches mit Lehrkräften?
- Nach welchen Kriterien wird das Fach bewertet?
- Was macht guten Ethikunterricht aus?
In der anschließenden Befragung und Diskussion meldete sich nur ein Kritiker, der angab vor Jahren für die Abmeldung vom Ethikunterricht geworben zu haben, mit der kritischen Frage zu Wort: "Was kann mein Kind nach vier Jahren Ethikunterricht, was es ohne diesen nicht gekonnt hätte?" Die Antworten der Eltern ließen jedoch eine überwiegende Symphatie für und ein großes kritisches Interesse an dem Fach erkennen."

Wie geht es dem Fach Ethik?
Vortrag der Vorsitzenden des FV Ethik vor der Landeselternvertretung
20190322_LEV_Wie geht es dem Fach Ethik.
Microsoft Power Point Präsentation 926.5 KB

Gerhard Weil: Der Ärger ist vorprogrammiert        bbz- Heft 04-05 / 2018 Das Modell der Senatsbildungsverwaltung für ein eigenständiges Fach Politik geht auf Kosten der Fächer Geschichte, Geographie und Ethik

In der auflagenstarken Mitgliederzeitschrift der GEW-Berlin stellt der Sprecher des Bündnis Pro Ethik, Dr. Gerhard Weil, die Position auch der GEW-Berlin und des Bündnis zum jüngsten Coup der Senatsbildungsverwaltung dar, der die drei GEWI-Fächer benachteiligen und gegeneinander aufbringen wird, statt die Koopperation zu verstärken.

Presseerklärung der Fachverbände zur Entscheidung der Senatorin

In einer Presseerklärung der Berliner Fachverbände für Geschichte, Geographie, Ethik und Philosophie sowie des Philologenverbandes an die Bildungssenatorin wird die Rücknahme ihrer Entscheidung zur Kontingentlösung, die Aufstockung der drei GEWi-Facher Geschichte, Geographie und Politik um eine Zeitstunde, deren Finanzierung aus den Profilstunden und die quantitative Beibehaltung der zwei Ethikstunden pro Schuljahr gefordert. siehe Dateidownload auf der Seite des Fachverbandes Ethik, LV Berlin!

Protestbrief des Bündnis Pro Ethik an Senatorin Scheeres vom 28.1.2018

 

 

Entscheidung über Kontingentlösung zur Finanzierung der Politikstunde in der SEK I

 

Sehr geehrte Frau Scheeres,

jetzt ist es genau so gekommen, wie Ihre Verwaltung den Vertretern des LSA mit mehreren Modellvarianten bei der ersten Sitzung mit den Fachverbänden im Juni 2017 vorgeschlagen hat: Die extra benotete Stunde für Politik wird überwiegend vom Fach Ethik erbracht.
Alle gemeinsamen Widerstände gegen eine Kannibalisierung der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer untereinander, unsere Berliner Erklärung vom 3. Juli 201
8 und Ihre zwischenzeitlichen Zusicherungen, das Fach Ethik solle unangetastet bleiben – zuletzt von Ihrer Sprecherin am 10. Januar 2017 - haben daran letztlich nichts geändert. Schlimmer noch, den Schulen wird mit einem wahren „Akt der Demokratie“ der schwarze Peter zugeschoben zu entscheiden, welches Fach die Politikstundenanteile „finanzieren“ soll. Dabei dürfte klar sein, dass die Alternative Geschichte oder Erdkunde zeitweise gar nicht im Unterricht anzubieten schlechter erscheint als die entsprechende zeitweilige Kürzung des zweistündigen Ethikunterrichts um eine Stunde. Das kann als suggestives Angebot dem Minimum 3 Stunden und dem Maximum 4 Stunden für Ethik innerhalb der neuen Tafel für die Kontingentlösung deutlich entnommen werden.
Die zurecht geforderte bessere Zusammenarbeit der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer wird ja dann bestimmt entscheidend „gefördert“, wenn in den zuständigen Schulgremien die Fachvertreter wie Gladiatoren in der Arena sich zunächst wegen der Stundenzahl bekämpfen, bis einer blutig aus dem Ring gezogen worden ist!

 

Wir bedauern außerordentlich, dass unsere diversen Vorschläge zu einer angemessenen echten Stärkung des gesellschaftswissenschaftlichen Bereichs durch Stundenaufstockung bzw. Finanzierung durch vorgelegte Modelle (z.B. Poolstunden) durch das Veto der bislang gar nicht in der Diskussion aufgetauchten Vereinigung der Oberstufendirektoren vom Tisch gefegt wurden.

Dass es gerade eine rot-rot-grüne Koalitionsregierung ist, die faktisch die Axt an die Wurzeln des durch einen Volksentscheid bestätigten Ethikunterrichts legt, nachdem alle gemeinsam dieses Fach gegen konservativ-klerikale Bestrebungen verteidigten, erschüttert uns besonders!

 

Da ja die Senatsbildungsverwaltung in den letzten 11 Jahren denkbar wenig zur qualitativen Weiterentwicklung des Faches Ethik getan hat, erwarten wir wenigstens eine Kompensation in folgenden Punkten:

 

  1. Einführung von insgesamt 12 Schulberater*innen (Fachberater*innen) zu Ethik (statt wohl z.Z. 3) mit insgesamt 72 Abminderungsstunden entsprechend der ursprünglichen Ausstattung in diesem Bereich.

  2. Verdopplung der Plätze beim Ethik Jahreskurs von 26 auf etwa 60 bei gleicher Freistellungsstundenzahl pro Teilnehmer*in und Sicherung der Auslastung durch schulaufsichtliche Beratung.

  3. Deutliche Erweiterung des Angebots für Ethiklehrkräfte ohne entsprechende Aus- bzw. Fortbildung in der RF (Regionalen Fortbildung).

  4. Koordinierte Maßnahmen zur Sicherung der Absolvent*innen mit dem Fach Ethik/Philosophie für den Einsatz in der Berliner Schule. Vermeidung des Einsatzes mit diesem gymnasialen Fach in der Grundschule, bis die besorgniserregenden Zahlen über fachfremden Ethikunterricht, namentlich an den ISS, verschwunden sind.

  5. Erste wissenschaftliche Evaluation des Ethikunterrichts unter breiter Einbeziehung der Beteiligten, wie es unser Schirmherr, Herr Momper, erst kürzlich vorgeschlagen hat.
    Selbstverständlich steht das Bündnis für Gespräche zu unseren Forderungen bereit.
    Die drei bildungspolitischen Sprecherinnen der Koalition, Herr StS Rackles und unser Bündnisschirmherr, Walter Momper, erhalten eine Durchschrift dieses Schreibens.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gerhard Weil, Bündnissprecher gez. Peter Kriesel, Koordinator

 

Jetzt muss der Ethikunterricht bluten!

Am 24. Januar 2018 hat die Bildungssenatorin die Katze aus dem Sack gelassen: Den Forderungen des Landesschülerausschusses wird mit einer benoteten Extrastunde Politik entsprochen. Prima! Aber es gibt keine (halbe) Stunde mehr oder eine Finanzierung aus den Poolstunden, "bezahlen" muss es wahrscheinlich zumeist der Ethikunterricht! Trotz vorheriger Bedenken der gesellschaftswissenschaft-lichen Fachverbände, Briefen und einer Petition kommt es zu der befürchteten Kannibalisierung untereinander. Wenn Schmerzhaftes geschehen muss, dann setzt der Senat gerne auf Demokrati-sierung in Form einer "Kontingentlösung", bei der die Schulgremien selbst entscheiden dürfen, wer für die Politikstunde bluten soll. Das wird wohl in den meisten Fällen Ethik sein, weil da am ehesten etwas zu holen ist. Was halfen da zwischendurch Beteu-erungen, Ethik bliebe verschont? Dankfried Gabriel, der Vorsitzende des Fachverbandes  Ethik e.V., zeigte sich überrascht und schockiert, aber wer mit dem Teufel speist, braucht einen langen Löffel! Unser war wohl kürzer als der des Verbandes der Oberstudiendirektoren, meint der Sprecher des Bündnis Pro Ethik, Dr. Gerhard Weil.

Wie schön das alles ist, lesen Sie bitte in der nachstehenden Pressemitteilung der Bildungsverwaltung und der Stundenübersicht:

2018-01-24 SenBJF PM Politische Bildung.
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Und hier die alte und die neue Stundentafel mit der Kontingentlösung
2018-01-24 SenBJF PM-Anlage Stundentafel
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Offener Brief von vier Fachverbänden im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich an Frau Senatorin Scheeres

Brief der vier Fachverbände zur Kontingetlösung, dem sich der Berliner Philologenverband angeschlossen hat
Die vier Fachverbände erläutern die Gründe für die Ablehnung der Kontingentlösung!
2018-01-02 Offener BriefKontingentlösung
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Treffen des Bündnis Pro Ethik mit den drei schulpolitischen Sprecherinnen der Koalitionsfraktionen und unserem Bündnisschirmherrn Walter Momper am 11.12. 2017

Regina Kittler (Linke) v.l., David Driese (HVD), Ruth Priese (Christen pro Ethik), Margret Iversen (Fachverband Ethik e.V. stellvertr. Vors.), Peter Kriesel (Bündnis Pro Ethik, Koordinator), Dr. Maja Lasic (SPD), Marianne Burkert-Eulitz (Bündnis 90, Grüne), Walter Momper (SPD, Schirmherr), Dr. Gerhard Weil (Bündnis Pro Ethik, Sprecher), Dankfried Gabriel (Fachverbband Ethik e.V., Vorsitzender)

Am Montag, den 11.12.2017 trafen sich die oben abgebildeten Mitglieder des Bündnis Pro Ethik und der Schirmherr des Bündnis, Walter Momper, zur Beratung der Lage des Ethikunterrichtes. Die drei bildungspolitischen Sprecherinnen der Regierungskoalition waren bereit, die Anregungen von Walter Momper zur Analyse/Evaluation von Ethik in geeigneter Weise aufzunehmen und gegenüber dem Senat zu veranlassen. Auch wollen sie sich dafür einsetzen, aufgezeigte Defizite im Fortbildungs- und Weiterbildungsbereich sowie beim Einsatz neu ausgebildeter Studienratslaufbahnabsolventen mit Ethik im Grundschulbereich abzuschaffen.
Es bestand die gemeinsame Auffassung, dass Ethik nicht zur Finanzierung der geplanten Politikstunde im Bereich der Sek I herangezogen werden sollte. Nur bei der Ablehnung der sogenannten Kontingentlösung gingen die Auffassungen auseinander.

 

Ergebnis der Sitzung vom 18.10.2017:

Die o.g. Sitzung unter Beteiligung der Senatsbildungsverwaltung, der Schüler- und der Fächervertreter (u.a. auch des Fachverbands Ethik und des Bündnis Pro Ethik) wurde von Herrn Dr. Brendebach in einer Verlautbarung vom gleichen Tag wie folgt zusammengefasst, siehe Word-Dokument. Es wird ein benotetes Schulfach Politische Bildung für das kommende Schuljahr einvernehmlich angestrebt, eine Kürzung des Faches Ethik steht nicht zur Debatte. 

Angesichts einiger Bemerkungen von Verantwortlichen auf dieser Sitzung bleiben aber die Vertreter des Fachverbandes Ethik und des Bündnis Pro Ethik wachsam, dass es nicht doch noch durch die Hintertür zu Einschränkung beim Fach Ethik kommen kann.

Mitteilung des Senatsfachreferenten für Politische Bildung vom 18.10.2017
Mitteilung des Senatsfachreferenten für
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Entgegnung des Sprechers des Bündnis Pro Ethik an Senatorin Scheeres:

Sehr geehrte Frau Scheeres,

 

recht herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 18.08.2017 an die Fachverbände im gesellschaftlichen Bereich und unser Bündnis Pro Ethik.
Leider gehen darin Sie auf die konstruktiven und Dialogbereitschaft zeigenden Inhalte unserer Berliner Erklärung zur Stärkung der politischen Bildung an Berliner Schulen vom 3. Juli 2017 mit keiner Zeile ein, sondern beklagen nur unsere angebliche Ablehnung der Kommunikation mit dem Vorstand des LSA.
Diese Auffassung entspricht nicht dem wahren Sachverhalt, weil sich der Vorsitzende des Fachverbandes Ethik, Herr Dankfried Gabriel nach dem 14. 6. intensiv um Gespräche mit den Schülervertretern bemüht hat. Nachdem er einen Kontakt mit dem LSA Vorsitzenden K. G. erreicht hatte, wurde ihm aber telefonisch beschieden, dass die Schülervertreter kein Gespräch mit den Fachverbänden wünschten, möglicherweise auch aus Sorge, von diesen umgestimmt zu werden.

 

Erst nach dieser eindeutigen Kommunikationsverweigerung kam es dann am 3. Juli zu dem Treffen an der HU Berlin und den in der Berliner Erklärung verabschiedeten Punkten. Diese bilden m.E. auch eine gute Grundlage für die Fortsetzung des von Herrn StS Rackles angebotenen Dialoges.

Nachdem uns die Vertreter des LSA mit Unterstützung Ihrer Verwaltung mit einer sehr einseitigen „praktischen“ Lösung zur Umsetzung der Einführung des Faches Politik mit vier Modellen zur Kürzung des Ethikunterrichts mit einer bzw. in einem Fall einer halben Stunde konfrontiert haben, scheint es vertretbar, dass die Fachverbände mit einer alternativen Lösung ohne Kannibalisierung eines gesellschaftwissenschaftlichen Faches oder von Ethik antworten.

Ihr sehr breit dargelegter Versuch, uns ethisch-moralisch sowie pädagogisch wegen des angeblichen Ausschlusses der Initiatoren des Projektes zu nur an Verbandsinteressen orientierten Ignoranten abzustempeln (und uns vom weiteren Dialog auszuschließen?) muss angesichts der Faktenlage eindeutig zurückgewiesen werden!

 

Wir würden uns freuen, wenn Sie und Ihre Verwaltung auf die Grundsätze zurückkehren würden, wie wir sie in Punkt 4 unserer Erklärung formuliert haben:

 

„4. Der Entscheidungsprozess muss transparent und demokratisch ablaufen. Wir erwarten eine angemessene Beteiligung an der Entscheidungsfindung. Dies schließt ein, rechtzeitig über mögliche Modelle der Umsetzung informiert zu werden. Es muss ausreichend Raum und Zeit geben, Vorschläge einzubringen und ergebnisoffen zu diskutieren.“

 

Mit freundlichem Gruß

 

Dr. Gerhard Weil, Sprecher des Bündnis Pro Ethik

 

 

Eine äußerst unbefriedigende Antwort von Senatorin Scheeres auf die Berliner Erklärung:

Am 18.8.2017 verschickte Frau Senatorin Scheeres an die Fachverbandsvorsitzenden und den Sprecher des Bündnis einen "Antwortbrief", bei dem sie mit keiner Zeile auf die vier Punkte der unten stehenden Berliner Erklärung einging. Vielmehr mokierte sie sich über die angebliche Ablehnung der Kommunikation mit den Schülervertretern durch die Unterzeichner. "Umso irritierender empfinde ich nun Ihre Reaktion, mit einer offenen Petition an die Öffentlichkeit zu gehen, die die gesamte Schülerinnen- und Schüleraktion in keiner Weise würdigt und den angebotenen Prozess des offenen Dialogs konterkariert. Mit großer Sorge nehme ich wahr, dass die Verbände der Lehrkräfte ihrer Aufgabe, Schülerinnen und Schüler in ihrer demokratischen Handlungsfähigkeit zu stärken, ausgerechnet in diesem Prozess nicht nachkommen und Verbandsinteressen unter Ausschluss der eigentlichen Initiatoren des gesamten Prozesses artikulieren."

 

Leider irrt hier die Senatorin, weil sich der Vorsitzende des Fachverbandes Ethik, Herr Dankfried Gabriel nach dem 14. 6. intensiv um Gespräche mit den Schülervertretern bemüht hat. Nachdem er einen Kontakt mit dem LSA Vorsitzenden  erreicht hatte, wurde ihm aber telefonisch beschieden, dass die Schülervertreter kein Gespräch mit den Fachverbänden wünschten, möglicherweise auch aus Sorge, von diesen umgestimmt zu werden.

Erst nach dieser eindeutigen Kommunikationsverweigerung kam es dann am 3. Juli zu dem Treffen an der HU Berlin.

Berliner Erklärung zur Stärkung der politischen  Bildung an Berliner Schulen

Am 3. Juli 2017 haben sich die nachstehend aufgeführten Fachverbände im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich sowie die Hochschuldidaktiker für Ethik/Philosophie sowie für politische Bildung und Fachseminarleiter für Ethik/Philosophie zu dieser Erklärung anläßlich der bekannt gewordenen Stundenkürzungspläne im Fach Ethik veranlasst gesehen. Die Vorsitzenden des Fachverbandes Ethik Berlin e.V. und der Sprecher des Bündnis Pro Ethik waren mit dabei!

Die Teilnehmer der "Berliner Erklärung" am 3.7. 2017 an der HU Berlin
Die Teilnehmer der "Berliner Erklärung" am 3.7. 2017 an der HU Berlin

Berliner Erklärung
zur Stärkung der politischen Bildung an Berliner Schulen
1. Die politische Bildung ist uns ein sehr wichtiges Anliegen, deren Stärkung wir begrüßen.
2. Die Stärkung des Faches Politische Bildung mit einer zusätzlichen Stunde und einer separaten
Benotung darf nicht mit der gleichzeitigen Kürzung von Stunden anderer Fächer
im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich einhergehen.
3. Für die konkrete Umsetzung ist die Stundentafel insgesamt kritisch in den Blick zu nehmen.
Für alle gesellschaftswissenschaftlichen Fächer zusammen sind in den Klassen 7
bis 10 in Berlin jeweils 4 Stunden (Integrierte Sekundarschule) bzw. 5 Stunden (Gymnasium)
pro Schuljahr vorgesehen. In fast allen Bundesländern ist das Stundenkontingent
für das zweite Aufgabenfeld deutlich höher. Hieran sollte sich auch Berlin orientieren.
4. Der Entscheidungsprozess muss transparent und demokratisch ablaufen. Wir erwarten
eine angemessene Beteiligung an der Entscheidungsfindung. Dies schließt ein, rechtzeitig
über mögliche Modelle der Umsetzung informiert zu werden. Es muss ausreichend
Raum und Zeit geben, Vorschläge einzubringen und ergebnisoffen zu diskutieren.
Berlin, den 3. Juli 2017

gezeichnet

Prof. Dr. Sabine Achour
Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für politische Bildung e.V. Landesverband Berlin, Didaktik der politischen Bildung/ Politikwissenschaft
Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, Freie Universität Berlin

Dankfried Gabriel
Vorsitzender des Fachverbandes Ethik Berlin e.V.

Melanie Heise
Vorsitzende des Fachverbandes Philosophie Berlin e.V.

Klemens Rinklake
1. Vorsitzender des Verbandes Deutscher Schulgeographen e.V. Landesverband Berlin

Dr. Peter Stolz
Vorsitzender des Verbandes deutscher Geschichtslehrer e.V. Landesverband Berlin

Prof. Dr. Julia Dietrich
Didaktik der Philosophie und Ethik (Vertretung)
Institut für Philosophie, Freie Universität Berlin

Oberkonsistorialrat Dr. Friedhelm Kraft

Prof. Dr. Kirsten Meyer
Praktische Philosophie und Didaktik der Philosophie
Institut für Philosophie, Humboldt-Universität zu Berlin

Dr. Gerhard Weil
Sprecher des Bündnis Pro Ethik

Eine Stunde zusätzlich für das Fach Politik - auf Kosten des Ethikunterrichts?

Bündnis Pro Ethik –

 

  Stellungnahme zur Neueinführung von „Politik als Schulfach“ 

 

Das Bündnis besteht u.a. aus dem Fachverband Ethik e.V., der GEW Berlin und den bildungspolitischen Sprechern von SPD, Linkspartei und Grünen. Im November 2016 wurde vom Bündnis bei und mit der GEW eine Podiumsdiskussion zu 10 Jahre Ethik organisiert und aus den Ergebnissen ein Forderungskatalog über die GEW an die drei o.g. bildungspolitischen Sprecher geschickt. Seit der Bildung des neuen Senats wurde aber noch kein gemeinsames Treffen mit den Politikern organisiert.

 

1.    Grundsätzlich wird aus unserer Sicht die verstärkte Fokussierung auf Politische Bildung begrüßt.

 

2.    Die Notwendigkeit einer engeren und verbesserten Zusammenarbeit auf der Grundlage der neuen Rahmenlehrpläne besteht bei den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern (GeWi). Dazu muss und kann das Fach Ethik einen wichtigen Beitrag leisten.

 

3.    Damit im Zusammenhang steht die vom Studium nicht recht unterstützte stärkere sozialwissenschaftliche Orientierung statt der ausschließlich philosophischen Ausrichtung der Hochschulausbildung.

 

4.    Wir haben deutliche Verbesserungen für das Fach Ethik bei der Fortbildung und dem effektiven Einsatz der jungen Studienabsolventen angemahnt.
 

 

5.    Es darf jetzt zu keiner Kannibalisierung der gesellschaftlichen Fächer untereinander kommen. Wird ein neues Fach gewünscht, muss es zusätzlich, aber im gesellschaftswissenschaftlichen Fächerbereich und Verbund eingerichtet werden.

 

6.    Die möglicherweise angedachte Reduzierung der Stundenzahl beim Ethikfach muss angesichts des 3. Rahmenlehrplanes in 10 Jahren als die inhaltliche Abschaffung des Faches Ethik angesehen werden. Dies widerspricht den 2009 geäußerten Stellungnahmen des Landesschülerausschusses und der Bundeselternvertretung und natürlich nach dem Volkentscheid in diesem Jahr dem klaren Wählerwillen.

 

 

 

Dr. Gerhard Weil, Sprecher des Bündnis Pro Ethik  14. Juni 2017

 

Positionspapier des FV Ethik, Landesverband Berlin im Rahmen der Erwägungen zur Einführung eines Faches Politik an den Berliner Schulen:

Positionspapier für die Beibehaltung des Ethik-Unterrichtes mit zwei Wochenstunden
Positionspapier des FV Ethik Berlin 'Pro
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53% der Berliner Ethiklehrkräfte unterrichten fachfremd!

Von 2269 im Ethikunterricht eingesetzten Ethiklehrkräften 2015 waren 1203 fachfremde (53%) und 1066 (47%) ausgebildete Lehrkräfte.
Ein Bedarf für Ethik wird an den Schulen und bei der Schulaufsicht auch vor diesem Hintergrund nicht gesehen! Dies ist das Ergebnis einer nachstehend dokumentierten Anfrage eines GEW-Vertreters im Landesschulbeirat Berlin vom Januar 2017.

Anfrage 06 Landesschulbeirat Berlin Ethi
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Bestandsaufnahme: Zehn Jahre Ethikunterricht in Berlin

Bericht in  der Januarausgabe der bbz der GEW Berlin

Ein Schatz in der Stadt
Der Sprecher des Bündnis Pro Ethik berichtet von der Podiumsdiskussion: Wie ist das Fach Ethik in Schule und Gesellschaft angekommen, seit es Pflichfach in der Berliner Schule ist? Antworten fand eine Veranstaltung im GEW-Haus.
Ein Schatz in der Stadt.pdf
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Ein Bericht von Matthias Bertsch von Inforadio von unserer Podiumsdiskussion:

http://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/religionundgesellschaft/201611/75686.html

10 Jahre Ethik fr KTE - ohne Anmod.MP3
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Zehn Jahre Ethik-Unterricht in Berlin - Das Thema "Ehrenmord" steht nicht im Lehrplan

Der Tagesspiegel berichtet im Vorfeld der Podiumsdiskussion

Susanne Vieth-Entus berichtet von der Entstehungsgeschichte und der Praxis des Faches Ethik
Ehrenmord kommt im Rahmenlehrplan nicht
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Die Eröffnung der Podiumsdiskussion zu 10 Jahren Ethik in den Räumen der GEW Berlin, der Fachverband Ethik Vorsitzende Dankfried Gabriel begrüßt die Gäste. Foto: Christiane El-Nahry
Die Eröffnung der Podiumsdiskussion zu 10 Jahren Ethik in den Räumen der GEW Berlin, der Fachverband Ethik Vorsitzende Dankfried Gabriel begrüßt die Gäste. Foto: Christiane El-Nahry

69 Prozent für Änderung                                           Mehrheit will Religionsunterricht abschaffen

Ein allgemeiner Werteunterricht statt des Religionsunterrichts? Eine deutliche Mehrheit der Deutschen würde so eine Änderung unterstützen.

28. September 2016

Köln (dpa) - Mehr als zwei Drittel der Deutschen befürworten eine Abschaffung des Religionsunterrichts an den Schulen. 69 Prozent unterstützen das Vorgehen Luxemburgs, wo der konfessionelle Religionsunterricht zum neuen Schuljahr durch einen allgemeinen Werteunterricht ersetzt wurde.

 

Von 39 Prozent der Befragten wird dies voll und ganz, von 30 Prozent zumindest eher befürwortet, ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Besonders stark ist die Zustimmung in Ostdeutschland, wo die Abschaffung des Religionsunterricht von insgesamt 81 Prozent unterstützt wird.

 

Ein solcher Werteunterricht sollte sich nach Ansicht der Mehrheit nur am Rande mit Religion beschäftigen. 60 Prozent sprachen sich bei der Umfrage dafür aus, dass allgemeine Ethik, Normen und Werte im Zentrum stehen. Gleichzeitig sagten 66 Prozent, verschiedene Religionen und Konfessionen sollten zwar behandelt werden, aber nicht das Zentrum des Unterrichts bilden. (dpa)

 

Die Ethiklehrerin und Fachverband Ethik-Mitglied Christiane El Nahry gewinnt mit ihrer Sozial AG an der Berliner Max-von-der- Laue-Oberschule den Platz 1 in der Kategorie 3 des Wettbewerbs des Bundespräsidenten! Hier der Youtube-Film

https://youtu.be/ljkfXGUclsU
Die Sozial-AG „Think Act Talk“ an der Max-von-Laue-Oberschule in Berlin hat ein Brettspiel zum nachhaltigen Leben und Wirtschaften entwickelt. Das Spiel „Vielfältig oder Einfältig“ soll schon Kindern nahebringen, wie die Welt heute gestaltet ist und aus welchen Gründen Menschen nach Deutschland fliehen. Die Spielenden vertreten die Kontinente auf einer Weltkarte nach der Peterprojektion, die die wahren Größenverhältnisse der Erdteile abbildet. Sie konkurrieren um Ressourcen wie Wasser, Wald und Bodenschätze und müssen sich politischen Herausforderungen stellen. Besonders wichtig sind die internationalen Konferenzen, bei denen ein gerechter Ausgleich erzielt werden soll. Ziel des Spiels ist es, mit möglichst vielen Ressourcenkarten über das Ziel zu gehen – alleine oder in Kooperation mit anderen. Auch Flucht eröffnet eine Möglichkeit zur Zusammenarbeit. Am Ende gewinnen diejenigen, die am meisten kooperiert haben. So bekommenden die Spielenden einen ganzheitlichen Blick auf die Welt.

Die Schülerinnen und Schüler haben die globalen Zusammenhänge für das Spiel sorgfältig recherchiert. Zudem knüpfen sie Partnerschaften zu Schulen in anderen Ländern – derzeit stehen sie im Austausch mit einer Schule in Äthiopien. Dabei geht die AG auch über den Schulabschluss hinaus. Das Spiel „Vielfältig oder Einfältig“ soll jetzt mehrfach produziert werden, damit es im Ethikunterricht ab Klasse 7 eingesetzt werden kann. Außerdem soll eine einfache Variante frei zugänglich im Netz veröffentlicht werden, damit noch mehr Schulklassen damit arbeiten können.

Denkschrift zum Ethikunterricht – Zwischen Diskriminierung und Erfolg                                         44 Jahre Diskriminierung als „Ersatzfach“ im Westen                                                                          25 Jahre Ethik als „Wahlpflichtfach“ im Osten         20 Jahre Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde    10 Jahre „Ethik für alle“ in Berlin

Der Fachverband Ethik (Bundesverband) hat die nachstehend als Datei bereitgestellte Denkschrift auf einer Pressekonferenz in Stuttgart der Öffentlichkeit vorgestellt und auf immer noch vorhandene Diskriminierungen in zahlreichen Bundesländern im Vergleich mit dem Religionsunterricht hingewiesen sowie praktikable Verbesserungsvorschläge gemacht. Mit Unterstützung der KMK wurde eine eindrucksvolle Datensammlung vorgelegt.

Mit Peter Kriesel und Dr. Gerhard Weil sind zwei der sechs Autoren aus dem Berliner Fachverband Ethik und dem Bündnis Pro Ethik!

Denkschrift Ethikunterricht
Denkschrift Ethikunterricht .pdf
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GOTT UND DIE WELT                                               Dritte Stunde: Werte                                                   10 Jahre Ethik-Unterricht in Berlin

Zehn Jahre nach Einführung des verpfichtenden Ethikunterrichts in Berlin hat das Kulturradio Berlin, Redakteur Matthias Bertsch, einen Beitrag zum Ethikunterricht gesendet, der mit Unterrichtsbesuchen, Interviews und kritischen Fragen zum Ausbildungsstand der Lehrkräfte am 20.3. 2016 veröffentlicht wurde.

Anbei die pdf-Datei des Manuskriptes:

 

Dritte Stunde: Werte 10 Jahres Ethik-Unterricht in Berlin
Eine Sendung des Kulturradio vom rbb
GUW-Manuskript_20.03.2016.pdf
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Der überarbeitete neue Rahmenlehrplan Ethik ist erschienen!

Am 18.11. 2015 wurde die Neufassung der Neufassung des Rahmenlehrplans Ethik der Öffentlichkeit vorgestellt. Nachstehend der Text als pdf-Datei. So können Sie als Interessierte nachprüfen, was von den Vorschlägen des Fachverbandes Ethik bzw. des Bündnis Pro Ethik (siehe unten) von der Senatsbildungsverwaltung übernommen wurde. Ganz wichtig vor allem, der § 12 (6) des Schulgesetzes mit den Zielvorstellungen des Gesetzgebers zum Fach wird jetzt auf der Seite 3 als Fußnote zitiert und kann nicht mehr ignoriert werden.
Eine erste Prüfung ergibt: Viele unserer Vorschläge wurden, teilweise an anderen Stellen, übernommen, allzu Kritisches bleibt weg (z.B. Einfluss der Lobbyverbände auf die Gesetzgebung).

Rahmenlehrplan Ethik, Teil C, Fassung vom 18. 11. 2015
Teil_C_Ethik_2015_11_10_WEB.pdf
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Machen Kompetenzen unmündig?

"Das Kompetenzkonzept wurde durch die OECD (Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) mittels ihrer PISAStudien
als neues Leitziel von Schule durchgesetzt. Dies geschah ohne
demokratische Legitimation und am Souverän, den Bürgern, vorbei. Dabei
kann das Kompetenzkonzept als wissenschaftlich ungeklärt gelten, es
senkt empirisch nachweisbar das Bildungsniveau, widerspricht den
Leitzielen eines demokratischen Bildungswesens, zersetzt didaktisches
und pädagogisches Denken und Handeln und behindert Kinder und
Jugendliche in ihrer Entwicklung zu mündigen Staatsbürgern."
Prof. Dr. Jochen Kauz

Hier geht es zu der von der GEW-Berlin veröffentlichten Streitschrift!

Nach unserem Gespräch mit der Senatsbildungsverwaltung am 8. Juni 15 unsere Vorschläge zu Themenfeldern des neuen Rahmenlehrplans Ethik: Anschreiben und vier Themenfelder.

Sehr geehrte Frau Useli,
anknüpfend an unser Gespräch vom 8. Juni möchten wir Ihnen heute unsere
konkretisierten Vorschläge zum 6. Themenfeld vorlegen, die wir gemeinsam im
Fachverband ausgearbeitet und diskutiert haben. Da die von uns
favorisierten Veränderungen sich zwangsläufig auf andere Themenfelder
auswirken, haben wir auch entsprechende Vorschläge für die betroffenen
Themenfelder 3.2, 3.3 und 3.4 erarbeitet. Wir hoffen, mit der Arbeit des
Fachverbandes einen konstruktiven Beitrag zur Entwicklung der Neufassung
des Rahmenlehrplans Ethik geleistet zu haben und würden uns sehr freuen,
wenn unsere Anregungen positiv aufgenommen werden. Für weitere Rückfragen
stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen für den Fachverband
Renate Rode
Dankfried Gabriel
 

3.6 - Worauf kann ich vertrauen - Wissen
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3.4 - Was ist der Mensch - Mensch und Ge
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3.3 - Was ist gerecht - Recht und Gerech
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3.2 - Wie frei bin ich - Freiheit und Ve
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Der Fachverband Ethik, Landesverband Berlin, hat für sich und das Bündnis Pro Ethik eine umfassende Stellungnahme mit Änderungsvorschlägen zum Rahmenlehrplanentwurf Ethik verfasst!

Fazit: Es fehlt der Abdruck des Schulgesetzes §12(6), wo die Ziele des Faches Ethik als einziges Schulfach im Gesetz behandelt und besser als im Rahmenlehrplan beschrieben werden. Viele Inhalte des erst gut zwei Jahre alten gültigen Planes sind zeitbezogener und genauer als die neue Fassung. Die Kompetenzbeschreibung, der Anlass für die gesamte Rahmenlehrplanüberarbeitung, präsentiert fächerübergreifende Kompetenzen, fachbezogene Kompetenzen für Ethik fehlen. Aber lesen Sie selbst: Hier der Dateidownload unseres Schreibens!

Die Stellungnahme des Fachverbandes Ethik, Landesverband Berlin
StellungnahmeFVEndfassung1.doc
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CDU fordert Ethik für die Klassen 1-13 ....allerdings als Wahlpflichtbereichsalternative zu Religion und hat das Votum der Berliner Wählermehrheit beim Volksentscheid total vergessen!

Beschluss des 13. Kleinen Landesparteitags der CDU Berlin

Dienstag, den 10. März 2015

Zukunft der Bildung – Bildung der Zukunft

„Der Auftrag der Schule besteht in Wissensvermittlung und Erziehung. Gerade junge Menschen in Metropolen wie Berlin brauchen heute Werte und soziale Tugenden, um ihr Leben erfolgreich zu meistern. Auch die Bereitschaft vieler Menschen in unserer Stadt, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen und Gemeinsinn zu zeigen, gründet in der Orientierung an Werten, die häufig Ausdruck einer persönlichen Glaubensüberzeugung und Weltanschauung sind. Insofern leisten die Kirchen und Religionsgemeinschaften einen wichtigen Beitrag für unser Gemeinwesen insgesamt. Daher sprechen wir uns dafür aus, dass der Religions- und Weltanschauungsunterricht seinen festen Platz in der Schule hat und fordern die Einführung eines Wahlpflichtbereichs Ethik/Religion in staatlicher Verantwortung für alle Klassenstufen. Dabei ist die Möglichkeit der Einführung eines flächendeckenden Islamunterrichts unter staatlicher Verantwortung zu prüfen. Als konkrete nächste Schritte fordern wir die Senatswissenschaftsverwaltung auf, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, einen Lehrstuhl für islamische Theologie zur Ausbildung von Islamkundelehrern einzurichten und den bestehenden Ethikunterricht in verantwortungsvoller Zusammenarbeit mit den Glaubens- und Religionsgemeinschaften inhaltlich fortzuentwickeln und stärker religionskundlich auszurichten“.(Seite 7, farbliche Hervorhebung durch den Webmaster )

Neue Anhörungsfassung für den Rahmenlehrplan Ethik Klasse 7 - 10 am 28. November 2014 von der Senatsbildungsverwaltung vorgestellt. Der bisherige Rahmenlehrplan trat erst 2012 in Kraft! Das "Bündnis Pro Ethik" bzw. der Fachverband Ethik wird eine Stellungnahme abgeben!

Ethik_Anhoerungsfassung_vom_28.11.2014.p
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Kleine Anfrage 17/12974 der Abgeordneten Regina Kittler (Linke) "Ethik-Unterricht in der Berliner Schule"

Detaillierter und nach Schuljahren und Schularten getrennt beantwortet der Senat nun die Frage nach fachgerechtem und nicht fachgerechtem Einsatz der Lehrkräfte im Ethikunterricht. Der rechnerische Durchschnittswert von 50,1% fachgerechtem Einsatz setzt sich aus traurigen 35,7% an den ISS und erfreulicheren 70,8% an Gymnasien im laufenden Schuljahr zusammen.
Immerhin 506 Studierende befanden sich im letzten Semester an FU und HU im Bachelor bzw. Masterstudiengang mit „Ehtik/Philosophie“ im 1. oder 2. Fach.

Ab August 2014 wird die berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme „Ethik“ wiederholt angeboten. Die Maßnahme ist als Jahreskurs für 24 Lehrkräfte geplant. Das wird wohl kaum reichen!

Weitere Fakten und Daten in der nachstehenden Datei.

Kleine Anfrage 17/12974 der Abgeordneten Regine Kittler (Linke) "Ethik-Unterricht in der Berliner Schule"
ka17-12974-Linkspartei Januar 14.pdf
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Pressemitteilung der Fachverbände Ethik und Philosophie

"Ethik ist nur gut, wenn man einen guten Lehrer hat."
Wortlaut der gemeinsamen Presseerklärung.
PM Ethik.pdf
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Kleine Anfrage 17/12089 des Abgeordneten Özcan Mutlu (Grüne) "Die Zukunft des Fachs Ethik an den Berliner Universitäten"

Nachstehend der Wortlaut der o.g. Kleinen Anfrage. Die Umstrukturierung der Lehrerausbildung hat Konsequenzen für die Fachausbildung in Ethik vor allem an der FU Berlin. Der Senat bleibt bei der Ethiklehrräfteausbildung an zwei Universitäten ( HU und FU Berlin).

Bemerkenswert: Am Stichtag 1.11. 2012 waren 65,3% der erteilten Stunden an den ISS und 34,8% der erteilten Stunden an Gymnasien durch Lehrkräfte ohne eine entsprechende Fachausbildung unterrichtet!

Kleine Anfrage Nr. 17/12089 des Abg. Özcan Mutlu "Die Zukunft des Fachs Ethik an den Berliner Universitäten"
ka17-12089.pdf
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Brief der Fachverbände Ethik und Philosophie an die Senatsbildungsverwaltung zur Situation des Ethikunterrichtes, des Ethikstudiums an der FU-Berlin und zur Fort- und Weiterbildung

Senatseingabe Ethikunterricht
In diesem Schreiben werden dem Senat zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Praxis des Ethikunterrichts, der Ausbildung sowie Fort- und Weiterbildung dazu gemacht.
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Antwortbrief von Bildungsstaatssekretär Mark Rackles vom Februar 2013

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Ihr Schreiben zur Situation des Faches Ethik in der Berliner Schule habe ich mit Interesse zur Kenntnis genommen und bedanke mich für Ihr Engagement.

Selbstverständlich bin auch ich sehr daran interessiert, dass das Fach Ethik nach Möglichkeit von dafür qualifizierten Lehrkräften unterrichtet wird und werde eine entsprechende Bitte an die Schuleiterinnen und Schulleiter richten.

Ich bedanke mich mich noch einmal für Ihr Interesse und Ihre kritische Begleitung des Faches Ethik.

 

Mit freundlichen Grüßen

Mark Rackles

Brief des Bündnis Pro Ethik an den Staatssekretär der Senatsbildungsverwaltung zum Unterrichtseinsatz von fortgebildeten Ethiklehrkräften

Keine Befreiung vom Ethikunterricht! Dieser ist verfassungskonform.

Siehe Pressemeldung des Berliner Verwaltungsgerichts:http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/vg/presse/archiv/20120820.1440.373939.html

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Rackles,

 

schon in der Zeit vor dem Volksentscheid „Pro Reli“ 2008/2009 kreiste die öffentliche Diskussion u.a. um die Frage der Qualifizierung der im damals noch jungen Fach Ethik eingesetzten Lehrkräfte. Ihre Senatsverwaltung und die zahlreichen Unterstützer verwiesen auf die in dreisemestrigen Fortbildungskursen schon ausgebildeten oder in Ausbildung befindlichen Lehrkräfte, die zu diesem Zeitpunkt oder entsprechend später zum Einsatz kommen sollten. Außerdem betonte Ihre Verwaltung immer wieder die rechtlich unbestrittene, pädagogisch fraglos nicht ideale Position, dass in der Berliner Praxis jede Lehrkraft im Prinzip jedes Fach (in der Berliner Schule) unterrichten kann, auch wenn sie nicht dafür speziell ausgebildet ist, und selbst wenn zur Zeit der Ausbildung dieses Fach noch gar nicht existierte.

In der Zwischenzeit haben am Ende der vergangenen Legislaturperiode Kleine Anfragen von - unserem Bündnis nahe stehenden - Abgeordneten ergeben, dass in der Ethikunterrichtspraxis in allen vier Jahrgangsstufen der Anteil der qualifizierten Fachkräfte immer noch erschreckend niedrig und sogar unterhalb der Zahl der Absolventen der Fortbildungskurse (von der Verwaltung „Weiterbildungskurse“ genannt, obwohl dadurch kein besoldungsrechtlich relevanter Abschluss erzielt werden kann) geblieben war. Namentlich in den 7. und 8. Klassen scheint es an Schulen außerdem die Tendenz zu geben, die Klassenleiter mit dem Ethikunterricht zu betrauen, quasi als bessere Tutoriumsstunden. Eine solche Situation würde auf Dauer gesehen den Gegnern des obligatorischen Ethikfaches argumentativ in die Hände spielen, deren Angriff spätestens am Ende dieser Legislaturperiode zu befürchten ist.

 Nun haben wir von ihrer Mitarbeiterin, Frau Useli, vernommen, dass die Zahl der qualifizierten Lehrkräfte sich durch den Einsatz von jungen Lehrkräften mit der Facultas Ethik / Philosophie in letzter Zeit erfreulich erhöht hat. Auf unsere Frage hin, inwieweit die Senatsverwaltung Einfluss auf die Schulleitungen nehmen könne, stärker die qualifizierten Lehrkräfte beim Einsatz im Ethikfach zu berücksichtigen, machte sie uns geringe Hoffnungen, denn über den Unterrichtseinsatz entschieden allein die Schulleiter.
Aus der Vergangenheit wissen wir aber, dass die Senatsbildungsverwaltung einige Möglichkeiten hat, in pädagogisch-organisatorischen Bereichen recht präzise steuernd in die Schulpraxis einzugreifen, sei es durch Rundschreiben, Organisationshinweise oder Vermerke auf Schulleiterversammlungen bzw. Schulaufsichtskonferenzen.
Wir bitten Sie daher hiermit dringlich, rechtzeitig vor Beginn der Organisation des neuen Schuljahres 2013/14 im Sinne einer Qualitätsentwicklung den Schulleitungen den verstärkten Einsatz der qualifizierten Ethiklehrkräfte nahe zu legen.
Wir sind ganz sicher, dass es dazu sowohl im politischen Raum, als auch bei kritischen kirchlichen Kreisen keine abweichenden Meinungen geben kann, schließlich geht es hier auch um die Effizienz des Einsatzes von Ausbildungs- und Fortbildungsressourcen.
Wir würden uns freuen, Ihre Auffassung zur Lösung dieser objektiv vorhandenen Probleme zu erfahren.

Frau Francesca Useli-erhält eine Durchschrift

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gerhard Weil, Sprecher                       gez. Peter Kriesel, Koordinator

P.S.:
Wie üblich erlauben wir uns, nach Eingang dieses Schreibens bei Ihnen, unseren Dialog wieder auf unserer Homepage: www.proethik.info zu dokumentieren, die im Jahre 2012 von knapp 5000 Besuchern mit etwa 8600 Seitenaufrufen verfolgt wurde.

Rahmenlehrplan für die Sekundarstufe 1 Ethik

Rahmenlehrplan seit Sommer 2012
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Brief des Bündnis Pro Ethik an den Staatssekretär der Senatsbildungsverwaltung zum neuen Rahmenlehrplan Ethik

Sehr geehrter Herr Rackles,

 

als ehemaliger Mitarbeiter in Ihrer Senatsverwaltung weiß ich, dass Dankesbriefe aus der Bevölkerung oder von gesellschaftlichen Gruppierungen eher eine Ausnahme darstellen. Umso mehr freue ich mich, im Namen des Bündnis Pro Ethik Ihnen und den zuständigen MitarbeiterInnen Ihrer Verwaltung für die gründliche Überarbeitung des neuen Rahmenlehrplans für die Sekundarstufe I Ethik zu danken. Dies gilt insbesondere für die Korrekturen, die nach der Vorlage der Anhörungsfassung aufgrund der Vorschläge von Einzelpersonen, Gruppierungen und Gewerkschaften in die zum neuen Schuljahr herausgebrachte Schlussfassung eingearbeitet wurden.

Entsprechend den Vorschlägen des Bündnis Pro Ethik vom Februar 2012 wurden bei den Themenfeldern die „sexuelle Orientierung“ und der „religiös begründete Fundamentalismus“ sowie die Entschiedenheit im Geist der Toleranz und im Sinn von Grundgesetz und Menschenrechten“ aufgenommen und konsequent den Religionen die Weltanschauungsgemeinschaften zur Seite gestellt. Außerdem wurde erstmals auf umstrittene Begriffe wie „Sekten“ und „Aberglaube“ verzichtet und die „Religiösen Schöpfungsgeschichten“ dem Begriff „Schöpfungsmythen und Weltdeutungen“ korrekt untergeordnet. Auch die Erwähnung des Begriffs „Weltreligionen“ öffnet die Sicht weg von der alleinigen Beschäftigung mit den abrahamitischen Religionen. Damit konnten Einwände berücksichtigt werden, die schon bei der Beratung des ersten Rahmenlehrplans erhoben, jedoch ignoriert worden waren.

Erfreulich auch die an vielen Stellen des Rahmenlehrplans erkennbare starke Berücksichtigung des interkulturellen Lernens und des darin enthaltenen Perspektivwechsels.

Bereits als positiv von uns benannt ist die Anpassung dieses Rahmenlehrplans mit nunmehr dreistufigen Standards an andere Pläne.

Das Bündnis Pro Ethik wäre ein schlechter Sachwalter dieses relativ neuen – nicht dauerhaft ungefährdeten - Pflichtfachs in der Sekundarstufe I, wenn es den obigen Lobesworten nicht noch Bitten und Mahnungen folgen ließe:

Wir halten nach wie vor die Lehrerfortbildung für Ethiklehrkräfte für - freundlich gesagt - entwicklungsfähig, die vom Parlament geforderte qualifizierte Lehrerweiterbildung an den Hochschulen für dringend umzusetzen und erinnern daran, dass für die Absolventen des Grundstudiums Ethik ein angemessener Einstellungskorridor geschaffen werden muss, wie es den Bedürfnissen in der Unterrichtspraxis (siehe vergleichbare Kleine Anfragen in der letzten Legislaturperiode) entspricht.

Nach erfolgreichem Abschluss der Baustelle Rahmenlehrplan wollen wir Sie deshalb ermuntern, sich den letztgenannten Themenfeldern zuzuwenden!

P.S. Die Initiative Christen pro Ethik wird sich demnächst noch mit weiteren Stellungnahmen und Vorschlägen an Sie wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gerhard Weil     gez.Peter Kriesel          

Sprecher                 Koordinator

 

Antwort im Auftrag des Staatssekretärs in der Senatsbildungsverwaltung zur Stellungnahme des Bündnis

Sehr geehrter Herr Dr. Weil,

 

Herr Staatssekretär Rackles hat Ihr Schreiben erhalten und mich gebeten, Ihnen zu antworten.

 

Zunächst möchte ich mich für Ihr Interesse am Fach Ethik und am Rahmenlehrplan sowie für die vielen konstruktiven Vorschläge, die Sie in Ihrem Schreiben formulieren, bedanken. Die Überarbeitung des Rahmenlehrpans hat viele sinnvolle Kritikpunkte, die das Bündnis Pro Ethik bereits im Jahr 2010 formuliert haben, in der Anhörungsfassung vom Dezember 2011 bereits aufgenommen. So sind in der überarbeiteten Fassung Aspekte der interkulturellen Kompetenz wieder zu finden, deren Fehlen das Bündnis bereits im Jahr 2010 kritisiert hat.

 

Die weiteren Verbesserungsvorschläge, die in Ihrem Schreiben von Februar 2012 formuliert sind, sind von mir mit Interesse und Aufmerksamkeit betrachtet worden. Diese werden - so weit wie möglich - bei der Entwicklung der endgültigen Fassung berücksichtigt werden.

An dieser Stelle möchte ich aber auch erwähnen, dass die überarbeitete Fassung des Rahmenlehrplanes überwiegend eine positive Resonanz gefunden hat, beispielsweise überwiegt aus den Kreisen der Lehrerinnen und Lehrern die Zustimmung. Dennoch sind wir selbstverständlich an allen Verbesserungsvorschlägen interessiert.

 

Abschließend möchte ich mich nochmals für das Engagement des Bündnisses Pro Ethik bei der Stellungnahme zum Rahmenlehrplan bedanken und sende Ihnen herzliche Grüße.

 

 

Francesca Useli

Stellungnahme des Bündnis zur vorliegenden Anhörungsfassung des überarbeiteten Rahmenlehrplans Ethik

Einschätzung

 

Der als Anhörfassung vorgelegte Entwurf für einen überarbeiteten Rahmenlehrplan Ethik enthält eine Reihe von Verbesserungen gegenüber seinem Vorgänger, bedarf aber an einigen wesentlichen Punkten einer dringenden Verbesserung.

 

Zu den besonders von Ethiklehrkräften begrüßten Verbesserungen gehört die nun dreistufige Ausarbeitung der Standards, wobei die Steigerung der Stufen nicht immer die erforderliche Trennschärfe aufweist, insbesondere vom  mittleren zum erweiterten Standard. Die Progression von den Doppeljahrgangsstufen der 7./8. Klasse zur 9./10. Klasse ist gut gelungen.

 

 

Notwendige Verbesserungen

 

Als Bündnis Pro Ethik halten wir folgende Verbesserungen für erforderlich:

1.     Im gesamten Rahmenlehrplan Ethik ist eine stärkere Orientierung an der Festlegung der Aufgaben und Inhalte des Faches Ethik gemäß § 12 Schulgesetz vorzunehmen.

2.     Im Absatz über die Aufgaben, Ziele und Inhalte des Faches ist deutlicher herauszustellen, dass in diesem Fach vor allem die Verständigung mit Anderen und Andersdenkenden methodisch gelernt werden soll. Dazu sind u.a. die Festlegungen des Schulgesetzes wörtlich zu zitieren. Ethik ist das einzige Fach in Berlin, dessen Aufgaben und Inhalte im Schulgesetz vom Gesetzgeber festgelegt wurden. Das gehört schon deswegen in den Rahmenplan. Es empfiehlt sich, die im Schulgesetz festgelegten drei Kernkompetenzen des Faches „soziale Kompetenz, interkulturelle Dialogfähigkeit und ethische Urteilsfähigkeit“ bei der Nennung der Kompetenzen zu zitieren und durchgängig als Struktur im Rahmenlehrplan Ethik zugrunde zu legen.

3.     Die Standards bieten durchaus hilfreiche Anhaltpunkte für die Leistungsbewertung. Hier wäre jedoch der Hinweis wichtig, dass im Ethikunterricht wesentliche Fähigkeiten erarbeitet werden, die nicht zu benoten sind. Die vorliegenden Ausführungen zur Leistungsbewertung von „ethischer Reflexion“ (S. 37f) sollten durch Angaben zur Bewertung von zensierbaren Aspekten der „sozialen Kompetenz und interkulturellen Dialogfähigkeit“ ergänzt werden.

4.     Im Schulgesetz sind als fachspezifische Kompetenzen für den Ethikunterricht „soziale Kompetenz, interkulturelle Dialogfähigkeit und ethische Urteilsfähigkeit“ angegeben. In diesem Sinne sollten die „jahrgangsübergreifende kommunikative Kompetenz“ (S. 20) ebenso wie die Zielstellung „verantwortungsbewusstes Handeln“ (im Entwurf nur „Handlungskompetenz“ genannt) den Kompetenzen und Standards vorangestellt werden.

5.     Fächerübergreifende Aspekte des Ethikfaches sind vielfach zu finden und zu nutzen. Eine Auflistung im Rahmenlehrplan Ethik halten wir deshalb nicht für nötig. Eine eigene Handreichung der Senatsverwaltung für Bildung zu den vielfältigen Verbindungsmöglichkeiten zu anderen Fächern wäre aber sinnvoll.

6.     Überall wo im Rahmenlehrplan Ethik Religionen genannt werden, ist immer „und Weltanschauungen“ zu ergänzen, und ebenso umgekehrt bei Weltanschauung stets “und Religionen“, z. B. auf Seite 16 und 17.

7.     Die Differenziertheit der Themen ist zu wenig erkennbar. U.a. deshalb empfehlen wir  zur Formulierung der Themenfelder und ihrer inhaltlichen Untersetzung folgende Verbesserungen:

Im Themenfeld 1 sollte die Gleichwertigkeit verschiedener sexueller Orientierungen als Schwerpunkt benannt werden, da es hier erhebliche Defizite und auch Fehlverhalten unter Jugendlichen gibt. Zwar werden im Themenfeld 1 die sexuelle Orientierung und die Geschlechterunterschiede genannt, hier müssen u. E. aber Pubertierenden erheblich mehr Problemfelder angeboten werden, z.B. die Gestaltung von Beziehungen in von Abhängigkeit geprägten Familienstrukturen bzw.  Erfahrungen von Gewalt in Beziehungen.

Im Themenfeld 4 sollte auch das in der Schule virulente Thema „Jugendcliquen, Gewalt, Gewaltprävention“ Erörterung finden.

 

Das Themenfeld 6 sollte „Wissen und Religionen/Weltdeutungen“ heißen.

 

Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen kulturellen Prägungen und Interkulturalität ist – gemessen an den Vorgaben des Schulgesetzes  und den Berliner Realitäten – im gesamten Rahmenlehrplan zu wenig berücksichtigt. Gleiches gilt für die Vielfalt von Religionen und Weltanschauungen. Das Potenzial des Faches Ethik hinsichtlich Verständigung, wechselseitigem Respekt und Integration wird damit nicht hinreichend ausgeschöpft. Gerade in diesem wichtigen Bereich sind Hinweise für die Lehrerinnen und Lehrer sinnvoll. Sie haben die anspruchsvolle Aufgabe, einerseits Unterschiede darzustellen, andererseits Klischees und Vorurteile abzubauen.  

Sowohl der Fließtext auf S. 35 als auch die Ausführungen in der Tabelle darunter sind überarbeitungsbedürftig. Als Beispiele seien genannt:

S. 35

Zeile 7-10

Nicht nur „Naturwissenschaften“, alle Wissenschaften  haben Grenzen ihres gegenwärtigen Wissens. Sie sind aber ständig offen für neue Erkenntnisse. Sie haben nicht den Anspruch, für „alle Phänomene“ Erklärungen zu liefern, sondern nur in ihrem jeweiligen Fachgebiet Wissensfortschritte zu erzielen.

       Zeile 12-16

Nicht nur „neben“ traditionellen religiösen Gemeinschaften“, sondern auch „in“ ihnen gibt es solche Gruppen, die – gemessen an den Menschenrechten –  in „problematischer Weise“ agieren. (Hier sei auf die in vielen Weltreligionen erkennbaren Strömungen zu „Fundamentalismen“ hingewiesen, ein allerdings problematischer Begriff). Eine „Einschätzung“ von Glaubensrichtungen auf der Wahrheitsebene („Erkenntniswert von Wissenschaft und Glauben“) ist dem zu religiös-weltanschaulicher Neutralität verpflichtetem Staat nicht gestattet, auch nicht wenn religiöse Gruppen „in problematischer Weise agieren“.

Es ist dem Staat jedoch unbenommen, unter Berufung auf Grundgesetz und Menschenrechte religiöse Gruppen und Ideologien zu kritisieren, wenn diese gegen die Freiheitsrechte des Grundgesetzes oder die Menschenrechte handeln und z.B. die Gleichberechtigung von Mann und Frau oder die Religionsfreiheit negieren. Hier ist durchaus „Entschiedenheit im Sinn von Grundgesetz und Menschenrechten“ gefragt und eben nicht nur „Entschiedenheit im Geist der Toleranz“, wie es im Rahmenlehrplan-Entwurf steht. Dafür könnte im Rahmenlehrplan sinngemäß folgender Satz stehen „Religionen und Weltanschauungen müssen sich an Grundgesetz und Menschenrechten messen lassen“.

     Tabelle Spalte 2

            Der Begriff „Sekten“, ist mehr als umstritten: Die Bezeichnung „Sekte“ deutet auf die Ablehnung von kleineren religiösen Gemeinschaften durch etablierte religiöse Gemeinschaften oder Kirchen, Staaten oder Gesellschaften hin. Der von vornherein abwertende Begriff „Sekte“ greift einer inhaltlichen Auseinandersetzung in einer einem staatlichen Ethikunterricht nicht angemessenen Weise vor.  (Die religiös-weltanschauliche Neutralität des staatlichen Unterrichts und somit die Religionswissenschaft als Bezugswissenschaft zur Behandlung religiöser Fragen im Ethikunterricht verbietet zudem die einseitige Übernahme von Bewertungen religiöser Gemeinschaften.)

     Tabelle Spalte 3

Eine Unterscheidung von „archaischen Schöpfungsmythen“ und „religiösen Schöpfungsgeschichten“ ist in der Religionswissenschaft ungebräuchlich, da von ihr auch  letztere als Schöpfungsmythen bezeichnet werden.

„Glaube versus Aberglaube“ ist ein gebräuchliches Gegensatzpaar aus Religionen mit absoluten Wahrheitsansprüchen gegenüber älteren Religionen oder Abweichungen. „Aberglaube“ ist  bei ihnen häufig ein abwertender Kampfbegriff gegenüber fremden Religionen.

 

8.     Wir halten Fortbildungen für dringend erforderlich, damit die Lehrerinnen und Lehrer ihrer anspruchsvollen Aufgabe gerecht werden können. Das Bündnis Pro Ethik fordert daher Pflichtfortbildungen mit Ermäßigungsstunden für alle im Ethikunterricht eingesetzten Lehrkräfte ohne bisherige Fachfortbildung: Zudem muss umgehend mit der vom Abgeordnetenhaus längst beschlossenen universitären berufsbegleitenden Weiterbildung im Fach Ethik (an Universitäten) begonnen werden.

Fachübungen zur Förderung kommunikativer Kompetenzen und zum besseren Verstehen und Handhaben von Gruppendynamiken erscheinen uns sowohl in der Ethiklehreraus-, als auch in ihrer Weiter- und Fortbildung unerlässlich.

Zielstellung muss sein, dass der Ethikunterricht so schnell wie möglich durch fachspezifisch ausgebildete Lehrkräfte abgedeckt wird.

 

9.     Darüber hinaus möchten wir unsere Forderung erneuern, dass dieses – für das gesellschaftliche Zusammenleben so relevante – Fach ständig von einem (interdisziplinär besetzten) Gesellschaftlichen Beirat begleitet werden sollte.

Stellungnahme der GEW Berlin zum Rahmenlehrplanentwurf

Stellungnahme der GEW BERLIN zur Anhörungsfassung des Rahmenlehrplans Ethik für die Sekundarstufe I (Fortschreibung)

 

 

Unsere Stellungnahme bezieht sich auf die Überarbeitungen und Neufassungen ab Punkt 2.3 „Ethische Kompetenzen“. Sie orientiert sich an der Reihenfolge des Rückmeldebogens der Senatsbildungsverwaltung.

 

1. Kompetenzen:

Die Empathiekompetenz wurde weggelassen und damit auf Fähigkeiten im emotionalen Bereich verzichtet, die im schulischen Kontext (auch wegen mangelnder Überprüfbarkeit) immer gerne ausgeblendet werden. Allerdings findet sich einiges davon wieder im neuen Kompetenzbereich „Perspektiven Übernehmen“, der inhaltlich den Anforderungen der KMK-Richtlinien zur Interkulturellen Erziehung von 1996 entspricht.

Die bisherige Personale Kompetenz verschwand ebenfalls und die Kompetenz „Kommu­nizieren“ taucht nun neu auf. Umbenannt wurde die Praktische Kompetenz zu „Handeln“. Die jetzige Zusammenstellung von Kompetenzen wirkt insgesamt plausibel, allein der hier beschriebene Wechsel deutet zumindest im Bereich Ethik auf eine gewisse Willkür bei der Kompetenzbenennung hin. Es fällt dann Lehrkräften schwer, diesen zentralen Punkt der Lehrplanentwicklung allzu ernst zu nehmen.

 

2. - 4. Standards:
Begrüßenswert ist es, dass nun auch der RLP Ethik sich an das in allen anderen Rahmen­lehrplänen übliche Verfahren hält, drei statt bislang zwei Standards (Mindeststandard, mittle­rer Standard und erweiterter Standard) mit zwei bis drei Schlüsseln vorzugeben. Gut ist auch, dass nun­mehr die beschriebenen Kompetenzen bei den dreigeschlüsselten Standard­beschreibungen jeweils für die Klassen 7 und 8 sowie 9 und 10 wieder auftauchen, also doch etwas ernst genommen werden. Die Fragestellung des Fragebogens allerdings, ob sie ge­eignet für die Leistungsbeurteilung sind, erscheint nebenrangig, sie sollten eher bei der Un­terrichtsplanung helfen. Und da gibt es ein ganz anderes Problem: Die differenzierten Dar­stellungen sind häufig nicht sonderlich kreativ beim mittleren und erweiterten Standard er­gänzt, wenn überhaupt. Hier wird viel Überarbeitungspotenzial gesehen. In den genannten Bereichen werden die Standards als nicht durchgehend angemessen angesehen, sofern eine derartige Differenzierung für unbe­dingt notwendig erachtet wird.

 

Die Progression der Standards von der 7. und 8. Klasse zur Klasse 9 und 10 wirkt dagegen überzeugend, insbesondere im Bereich Perspektiven Übernehmen.

 

5. Themenfelder:
Aus sechs Themenfeldern mit drei Begriffen wurden sechs Themenfelder mit zwei jeweils mit „und“ verbundenen Begriffen. Es entfallen also theoretisch drei, in Praxis aber neun Begriffe, weil ein Themenfeld (Diskriminierung, Gewalt und Toleranz) total ersetzt wird. Weggefallen sind deshalb „Freundschaft, Glück, Solidarität, Diskriminierung, Gewalt, Toleranz, Gleichheit, Schuld und Hoffen“, wobei Gewerkschafter die beiden letzten Themen am wenigsten ver­missen werden. Neu als Themenfeld erscheint „Mensch und Gemeinschaft“ und im ersten Themenfeld zur Identität die „Rolle“.

Völlig abzulehnen ist bei den Themenbeispielen im 6. Themenfeld (Wissen und Glauben) das aus dem ersten Rahmenlehrplan schon kritisierte Gegensatzpaar „Glauben versus Aberglaube“. Aberglaube wird allgemein als eine abwertende Bezeichnung benutzt, die von den herrschenden Religionsgruppen abgelehnte religiöse Praktiken kennzeichnen. Häufig wird der Aberglaube dabei mit okkulten oder volkstümlichen Handlungen in Beziehung ge­bracht, die von der herrschenden Theologie als „unwissenschaftlich“ oder „heidnisch“ beein­flusst diffamiert wird.

In einem staatlichen RLP hat solch ein (Kampf-)Begriff also nichts zu suchen und sollte durch den Begriff „Nichtglauben“ oder „Atheismus“ ersetzt werden.

Erfreulich umfangreich ist die Darstellung der genannten sechs Themenfelder mit den drei schon aus dem alten RLP dargestellten individuellen, gesellschaftlichen und ideenge­schichtlichen Perspektiven. Hier werden durchaus neue Teilthemen wie Schwanger­schaftsabbruch, Klonen, Sterbehilfe, Tierrechte – Tierschutz, Umweltschutz, Internetnutzung etc. genannt. Auch tauchen im neuen Themenfeld „Mensch und Gemeinschaft“ die andern­orts gestrichenen Begriffe Toleranz, Diskriminierung, Rassismus und Ausgrenzung wieder auf. Hier könnten diese Themen aber noch erweitert oder aktualisiert werden.

Im 6. Themenfeld (Wissen und Glauben) erscheint auf Seite 35 neben der Wiederholung von „Glauben versus Aberglaube“ neben „Kirchen und Glaubensgemeinschaften“ (besser wäre „Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften“) der Begriff „Sekten“, der ebenfalls um­stritten ist: Die Bezeichnung „Sekte“ deutet auf die Ablehnung von kleineren religiösen Ge­meinschaften durch etablierte religiöse Gemeinschaften oder Kirchen, Staaten oder Gesell­schaften hin. Mit dem Kampfbegriff „Sekte“ kann man sich die oftmals inhaltlich berechtigte Auseinandersetzung vorab ersparen, was einem staatlichen Ethikunterricht nicht angemes­sen erscheint.

6. Die Frage, ob der RLP Ansatzpunkte für fächerübergreifendes Lernen anbietet, kann natürlich nur bejaht werden. Die GEW BERLIN hätte es aber besser gefunden, wenn die RLP-Entwickler die entsprechende, fast leere Seite 20 dazu genutzt hätten, wenigstens ex­emplarisch die Verbindungen zu den RLP anderer Fächer aufzuzeigen.

 

7. Die Frage nach den Ansatzpunkten für interkulturelles Lernen kann angesichts der Kompetenz „Perspektiven Übernehmen“ als zu bejahen beantwortet werden. Dies gilt insbe­sondere für die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und Religionen. Es fehlt allerdings ein Hinweis auf die „Weltreligionen“, um die Verengung auf die drei abrahamitischen Religio­nen aufzubrechen.

 

Zu Nr. 8: Was an Themen auf jeden Fall fehlt, ist im Themenfeld 6 eine Auseinanderset­zung mit dem Fundamentalismus in fast allen Weltreligionen, die wohl relevanter als die Auseinandersetzung mit dem Aberglauben erscheint. Zwar wird im Themenfeld 1 die sexu­elle Orientierung und Geschlechterunterschiede genannt, hier müssen aber Pubertierenden erheblich mehr in diesem Zusammenhang stehende Problemfelder angeboten werden. Im Themenfeld 4 sollte auch das in der Schule virulente Thema „Jugendcliquen, Gewalt, Ge­waltprävention“ Erörterung finden.

Wenn auch die „Konsumkritik“ und „Umweltfragen“ erörtert werden, so fehlt doch eine breite Auseinandersetzung mit der bisherigen Form des Wirtschaftens der westlichen Länder an­gesichts schwindender Ressourcen, Armut, Hunger und mangelnden Bildungschancen bei der Mehrheit der Weltbevölkerung.

 

Zu Nr. 9: Die GEW BERLIN wünscht sich eine insgesamt effiziente Form von Fortbildungen im Bereich Ethik, Pflichtfortbildungen mit Ermäßigungsstunden für alle im Unterricht einge­setzten Lehrkräfte ohne bisherige Fachfortbildung und den sofortigen Beginn der vom Par­lament längst beschlossenen berufsbegleitenden Weiterbildung (an Universitäten) im Fach Ethik.

Stellungnahme des HVD Berlin als pdf-Datei

Der Humanistische Verband Deutschlands Berlin hat seine Stellungnahme in die von der Senatsbildungsverwaltung vorgegebene Fragebogendatei eingefügt, die nachstehend als pdf-Datei wiedergegeben wird:

Rückmeldebogen des HVD
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Stellungnahme der "Christen pro Ethik"

Christen pro Ethik

 

www. Christen-pro-Ethik.de

 

Stellungnahme zum überarbeiteten Rahmenplan Ethik, (Anhörungsfassung vom 14.12.2011

 

(Wir folgen in dieser Version unseres Textes deshalb nicht der Gliederung des von Frau Useli vorgeschlagenen Fragebogens für „Rückmeldungen“, weil wir unsere Hauptgesichtspunkte darin nicht recht berücksichtigt finden)

 

I.)           Hilfreich wird die Beschreibung von Standards unter Pkt.3 auch auf diese schematische Weise sein.

Gerade für den Ethikunterricht mit der vom Schulgesetz geforderten Schülerorientierung wäre an dieser Stelle auch eine einschränkende Feststellung nötig, dass hier nur kognitive Leistungen, Beteiligung, Problemerkenntnis und –bearbeitung sowie Fleiß bewertet werden, weil jegliche Wertung und „Deutung“ der jugendlichen Persönlichkeiten als Ganzes - mit ihren individuellen biographischen Voraussetzungen - ihre Entwicklungsförderung hindern würde und weil gerade in diesem Fach darauf nicht oft genug hingewiesen werden kann („Noten sind die Währung, durch die die Eliten sich perpetuieren“ B.H.F. Taureck).

Das könnte etwa verdeutlicht werden, wenn die den Pkt. 3 jetzt abschließende Beschreibung der jahrgangsübergreifenden sozialen („kommunikativen“) Kompetenzen an den Anfang gestellt und nicht nur als das Einhalten von Regeln und im Wiederholen der kognitiven Kompetenzen, sondern mehr als Haltung des wertungsfreien Respekts vor sich selbst und der bzw. dem Anderen beschrieben würde.

 

II.) Die Aufgaben und Ziele des Faches Ethik (2.2.) erscheinen uns wie im alten Rahmenlehrplan sehr verkopft dargestellt und offenbar einer sehr eingeschränkten Beschreibung von „Ethik als Reflexion über Lebensführung“ (2.1.) geschuldet: „Nur ein reflektiertes Leben ist ein wirklich eigenes“ (S. 9). Solche Formulierungen bezeugen die nicht lebensdienliche und nicht dem Auftrag des Schulgesetzes (§ 12) entsprechende Einengung.

Um es anders zu sagen: Wir sind als Christen pro Ethik vor dem Volksentscheid 2009 nicht auf die Straße gegangen, um den Schülerinnen und Schülern einen zusätzlichen Unterrichtsstoff in Philosophie aufzuhalsen, sondern dafür, dass inmitten der enger werdenden Welt Orientierung, Kommunikation, V e r s t ä n d i g u n g und ethisches Urteilen m e t h o d i s c h g e l e r n t wird. Dabei dürfte eine Philosophie durchaus leitend sein, die auch von den neueren anthropologischen Erkenntnissen der psychosozialen und religionskundlichen Wissenschaften genügend gespeist ist.

Denn da jedes Zusammenleben, ob wir es wollen oder nicht, mehr gelingendes oder mehr misslingendes Zusammenleben ist, geht es im Ethikunterricht um mehr als um Vermittlung philosophisch verstandener Ethik. Es geht um die „Verkörperung von Moral“ (Richard Breun, P. Lang Vlg. Frankf./M. 2003), die sich der real in jeder Unterrichtsstunde, in jedem biopsychosozialen Wesen auch immer anwesenden Basisbedürfnisse der SchülerInnen annimmt, (z.B. des Bedarfs an Zugehörigkeit, Gesehenwerden, Autonomie und Angstfreiheit) und diese vor sich und anderen formulieren und erfüllen hilft. Denn ohne Bedarfsdeckung an den existentiellen Bedürfnissen gibt es keine Bereitschaft zur Verständigung. Dabei könnte in fächerübergreifender Verbindung mit dem Biologieunterricht unser menschlicher Körper zum Leitbild werden, etwa die Orientierung an dem wunderbaren Sich-Verständigen unserer Zellen, Gewebe, Organe und Glieder miteinander, wenn sie genügend genährt sind. (Leider werden im vorliegenden Entwurf lebensnotwendige Bedürfnisse und beliebige Wünsche nicht voneinander unterschieden).  

 

Das Unterrichtsfach Ethik kann zu einem Übungsfeld des öffentliches Raumes werden, in dem ich und der/die Andere, wir uns wechselseitig zu unseren Grundbedürfnissen bekennen lernen, uns selbst und die Andersartigkeit des /der Anderen wahrnehmen und respektieren - . Das Fach würde so zum Übungsfeld für die fortschreitend nötige Verständigung.

Dazu gehört u.E. auch das Verstehen und Bewusstmachen der gruppendynamischen Kräfte in jeder Klassengemeinschaft durch die Lehrpersönlichkeit als Identifikationsfigur bis hin zur Bearbeitung von Problemen des Zusammenlebens und zur Mediation von Konflikten.

 

Gutwillig betrachtet kann das alles aus dem vorliegenden Lehrplanentwurf herausgelesen werden, aber es erscheint uns wegen der unspezifischen Aufgaben- und Ziel-Formulierung für das neue Fach nicht durchdekliniert.

Deutlich wird das nochmals in der Formulierung der ethischen Kompetenzen (und Standards 2.3. und 3.1-2): Wahrnehmen und Deuten, Argumentieren und Urteilen, Perspektiven übernehmen, Kommunizieren und Handeln: alles wird als Aufgabe des/r Einzelnen beschrieben, nicht unter der Zielstellung der Verständigung zwischen Menschen, die aufeinander angewiesen sind.

 

III.) Es erscheint uns als sehr hilfreich, die drei didaktischen Perspektiven (Pkt.4) bei allen Unterrichtseinheiten zu beachten. Auch, um das kommunikative Ziel dieses Faches im Auge zu behalten, schlagen wir vor, die erste Perspektive zu erweitern auf: „individuelle und psychosoziale“ Perspektive, denn wir kommen aus Beziehung und können uns als Ich nur im Verhalten zum Du erleben (Die Hirnforschung spricht vom Gehirn als einem Beziehungsorgan, eine philosophiegeschichtlich natürlich ungewohnte Denkweise).

In der gesellschaftlichen Perspektive müsste deutlicher werden, dass sie nicht nur den Bezug nach Außen und den Einfluss von Außen meint, sondern den öffentlichen Raum insgesamt, i n   d e m   und von dem w i r   a l l e   g e m e i n s a m   l e b e n.

Als Christen pro Ethik begrüßen wir, dass in diesem Planentwurf auch das Thema Religion unter der ideengeschichtlichen Perspektive ständig vorkommt. Das braucht konkrete Unterrichtseinheiten über einzelne Religionen nicht zu hindern, die ja dann ebenso den drei Perspektiven unterworfen wären.

 

IV.) Themenfelder und Themenbeispiele (Pkt.5)

Richtig erscheint uns auch, darauf zu dringen, dass die Themenfelder im Unterrichtsjahr in einem geregelten Verhältnis vorkommen müssen, – wobei diese möglicherweise etwas beziehungsreicher und zukunftsorientierter (etwa im Blick auf die Begriffe „Arbeit“, „Glück“ „Sinn“- solidarisches Wirtschaften) formuliert werden könnten.

Die sehr allgemein gehaltenen Formulierungen unter Pkt. 5 könnten leicht zu sehr abstrakten Unterrichtsthemen verführen. Die Themenbeispiele bestätigen z.T. diese Befürchtung: Wenn man z. B. in den Themenfeldern 1 und 6 davon ausgeht, dass jeder junge Mensch Erfahrungen mit Familie usw. hat (- mit in der Regel abhängigen Beziehungen -) , müsste in den Beispielen deutlicher werden, dass nicht nur vom vergleichsweise einfachen Gestalten gleichwertiger Freundschaften, sondern auch vom Konflikt zwischen Ungleichen ausgegangen wird (etwa dem Bedürfnis nach Loslösung von der Herkunfts- und dem nach Gründung einer eigenen Familie Rechnung getragen wird - ), damit das Ziel des Sich angstfrei Verständigens auch in von Machtgefälle gekennzeichneten Beziehungen im Auge behalten wird.

 

Ein Hinweis, zu dem gerade wir uns verpflichtet fühlen, weil mit der Bewertung „Aberglaube“ in der Vergangenheit viele Menschen sich von Großkirchen diskriminiert fühlten : Im Themenfeld 6 unter ideengeschichtlicher Perspektive sollte besser nicht mit dem Begriffspaar „Glaube versus Aberglaube“ gearbeitet werden, sondern besser mit dem Begriffspaar „tradierter und persönlicher Glaube“ o.ä. (Wer sollte in einem staatlich verantworteten Schulfach zuständig sein zu bewerten, was Glaube und was Aberglaube ist?) Und auch nach biblischen Verständnis ist Kriterium für den lebensdienlichen Glauben die Nächstenliebe - in heutigem Verständnis gesagt: Kriterium ist die Frage, ob sich mein Glaube (als ein Hoffen in Bildern) am universellen und sozialen Kontext bemessen lässt. Das wäre ein Beispiel dafür, dass man entsprechend der Aufgaben- und Zielstellung des Faches jede Form von Kontrastsprache vermeidet, die immer der flüchtigen Aufmerksamkeit, letztlich dem Konsum dient, und auf Formulierungen achtet, die die Kommunikation fördern.

 

V.) Angesichts der Chance, im Zusammenhang mit dieser Rahmenplandiskussion und mit neuen Besetzungen in der Senatsverwaltung die Bedeutung dieses Faches in unserer Stadt wieder öffentlich zu reflektieren, möchten wir auch auf die zentrale Bedeutung der EthiklehrerInnenfort-,- Weiter- und Ausbildung hinweisen:

Mehr als andere Fachlehrkräfte werden die EthiklehrerInnen von den Schülerinnen und Schülern auf die Probe gestellt:

- stimmen ihre Worte und ihr Handeln überein?

- kann sie/kann er die Schwachen der Klasse schützen?

- nimmt sie/er mich als einmalig wahr und ernst, werde ich verstanden und geachtet?

Der Ethikunterricht braucht besonders starke Lehrerpersönlichkeiten, die diesen Prüfungen des schulischen Alltags standhalten. Deshalb sind u.E. persönlichkeitsstärkende Anteile in der Lehreraus-, - Fort- und Weiterbildung ebenso dringend nötig wie die bisher vorrangig vermittelte ethische Urteilsfähigkeit.

 

Eines unserer dringendsten Anliegen ist es, dass die Senatsverwaltung endlich die Kraft gewinnen möge, in den Schulen durchzusetzen, dass nur fachspezifisch aus- oder weitergebildete Lehrkräfte dieses anspruchsvolle Fach unterrichten dürfen, und dass diese dann auch entsprechend vergütet werden.

Andernfalls wird das Fach sein gesellschaftliches Gewicht verlieren und der Lächerlichkeit preisgegeben werden.

 

VI.) Unsere Hinweise wollen in der gewünschten Debatte zum überarbeiteten Rahmenlehrplan zunächst ein Beitrag sein, der bei so einem lebensnahen Fach natürlich immer ergänzungsbedürftig bleibt.

Darüber hinaus möchten wir unsere Forderung erneuern, dass dieses - für das gesellschaftliche Zusammenleben so relevante - Fach ständig von einem (interdisziplinär besetzten) Gesellschaftlichen Beirat begleitet werden sollte. Wir bekräftigen unsere Bereitschaft zur Mitarbeit in einem solchen Forum und haben die Überzeugung, dass auch weitere Gremien ebenso wie die Kirchen und andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften auf längere Sicht ihre partnerschaftliche Beteiligung nicht versagen werden.

 

gez.    Ingrid von Bahder, Pädagogin,

Josef Göbel, kath. Theologe und Katechet,

Martin Haesner, Lehrer,

Elke Kaminsky, Ethiklehrerin,

Peter Kriesel, kath. Theologe und Lehrer,

Ruth Priese, ev.Theologin und Familientherapeutin

Stellungnahme von Peter Kriesel, Koordinator

Der Koordinator unseres Bündnis hat seine Stellungnahme in die von der Senatsbildungsverwaltung vorgegebene Fragebogendatei eingefügt, die nachstehend als pdf-Datei wiedergegeben wird:

Rückmeldebogen von Peter Kriesel
Stellungnahme Ethik -Peter Kriesel.pdf
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Presseerklärungen zu den Koalitionsverhandungen

 

 

 

 

PRESSEMITTEILUNG

vom 11. Oktober 2011

 

 

 

 

 

Ergebnis des Volksentscheids darf nicht umgekehrt werden

 

Auf Befremden ist die Forderung des Vorsitzenden der Initiative Pro Reli, Christoph Lehmann, gestoßen, bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU „eine einvernehmliche Lösung zum Religionsunterricht“ zu finden. Lehmann sprach vom richtigen Zeitpunkt, „um in dieser Frage einen breiten gesellschaftlichen Konsens zu finden.“

Dazu erklärte der Sprecher des Bündnis Pro Ethik, Gerhard Weil:
„Wir vertrauen unseren Bündnismitgliedern, den Berliner Sozialdemokraten und ihrer Fraktion, sich weiterhin für den verbindlichen Ethikunterricht und die seit Jahrzehnten bewährte und gerichtsfeste Berliner Regelung des Religionsunterrichtes als freiwilliges Wahlangebot einzusetzen. In den Wahlprogrammen beider Parteien steht kein Wort zum Ethikunterricht. Jetzt quasi durch die Hintertür die schallende Niederlage beim von Pro Reli veranlassten Volksentscheid in einen Sieg umzumünzen, lässt an Lehmanns Demokratieverständnis zweifeln, das sich vielleicht dem der römisch-katholischen Amtskirche nähert.
Unser breites Bündnis wird mit Argusaugen die Koalitionsverhandlungen und die folgende Praxis der Bildungsverwaltung verfolgen.“

Der Fachverband Ethik, Landesverband Berlin, hat übrigens den bislang im Abgeordnetenhaus vertretenden Parteien vor den Wahlen Wahlprüfsteine zum Ethikunterricht zugeschickt. Die Fragen und Antworten sind auf der Homepage des Bündnis unter http://www.proethik.info/start/aktuelles/ zu finden.

 

Für Nachfragen: Dr. Gerhard Weil, 030 7452922 gerhard.drweil@arcor.de

  

Christen pro Ethik

 

www. Christen-pro-Ethik.de   c/o Ruth Priese (ruthpriese@gmx.de) Hämmerlingstr. 95, 12555 Berlin   Tel. 030-6574230                                                                                                                    

Presseerklärung 2. November 2011

 

 

Ethikunterricht weiter gemeinsam

statt getrennt in Berlin

 

In den gegenwärtigen Verhandlungen zur großen Koalition zwischen SPD und CDU in Berlin sollen Vertreter der CDU die Einführung eines Wahlpflichtbereichs zwischen verschiedenen Religionen und Weltanschauungen und dem Fach Ethik verlangt haben

Zu dieser neuerlichen Forderung, nachdem zwei Klagen gegen den gemeinsamen Ethikunterricht vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert sind und nach der Niederlage von Kirchen und CDU mit der gleichen Forderung 2009 im Volksentscheid, erklärte der Vorsitzende des Fachverbands Ethik e.V. (Bundesverband) Peter Kriesel:

 

„Das Berliner integrative Modell des gemeinsamen Ethikunterrichts für alle Schüler ist das angemessene Modell für das multikulturelle und weltoffene Berlin, in dem 42% der Schüler einen Migrationshintergrund haben.

 

Der Verweis der Vertreter von Pro Reli auf das „Brandenburger Modell“, bei dem sich Schüler von Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER) zum Religionsunterricht abmelden können, ist für Berlin keine Option:

  1. Dies wäre ein Einstieg in das verdeckte Wahlpflichtmodell der Kirchen, das in Brandenburg unter einem Kirchenjuristen als Ministerpräsident durchgesetzt und einem Pfarrer als Bildungsminister im Schulgesetz verankert wurde.
  2. In Brandenburg leben nur 5% Bürger mit Migrationshintergrund im Gegensatz zu Berlin, wo 25% der Einwohner und 42% der Schüler einen Migrationshintergrund haben.

In diesem Kontext leistet der gemeinsame Ethikunterricht für alle Schüler einen zentralen Beitrag zur Integration und Wertorientierung an Grundgesetz und Menschenrechten in Berlin. Eine Trennung der Schüler für katholischen, evangelischen und islamischen Religionsunterricht, Lebenskunde und Ethik in Fragen der Wertorientierung würde den integrativen Charakter des Faches Ethik zerstören.

 

Deshalb fordert der Bundesverband der Ethiklehrer den Erhalt des gemeinsamen Ethikunterrichts für alle Schüler in Berlin.“

 

 

Wir schließen uns dieser Forderung auch aus Sorge um das Erscheinungsbild der Kirche in der Stadt an. Soll denn weiterhin der Eindruck bestehen bleiben, dass wir als Christen ein Problem mit der Demokratie haben und ein so klares und öffentliches Votum der Berliner Bevölkerung so schnell wieder in Frage stellen?

Bei einiger Geduld mit den Einführungsschwierigkeiten des immer noch neuen Pflichtfaches Ethik für alle - wird es sich erweisen, dass es auch der Hinführung der Jugendlichen in eine religiöse oder weltanschauliche Lebenswelt gut tut, wenn der Religions- und Weltanschauungsunterricht ein Wahlfach ist und bleibt.

Presseerklärung des Bundesfachverbandes Ethik

 

27.10. 2011

 

Ethikunterricht weiter gemeinsam statt getrennt in Berlin

 

In den gegenwärtigen Verhandlungen zur großen Koalition zwischen SPD und CDU in Berlin hat die CDU die Einführung eines Wahlpflichtbereichs zwischen verschiedenen Religionen und Weltanschauungen und dem Fach Ethik verlangt.

Zu dieser neuerlichen Forderung, nachdem zwei Klagen gegen den gemeinsamen Ethikunterricht vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert sind und nach der Niederlage von Kirchen und CDU mit der gleichen Forderung 2009 im Volksentscheid,  erklärt der Vorsitzende des Fachverbands Ethik e.V. Peter Kriesel:

 

„Das Berliner integrative Modell des gemeinsamen Ethikunterrichts für alle Schüler ist das angemessene Modell für das multikulturelle und weltoffene Berlin, in dem 42% der Schüler einen Migrationshintergrund haben.

 

Der Verweis der Vertreter von Pro Reli auf das „Brandenburger Modell“, bei dem sich Schüler von Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER) zum Religionsunterricht abmelden können, ist für Berlin keine Option:

  1. Dies wäre ein Einstieg in das verdeckte Wahlpflichtmodell der Kirchen, das in Brandenburg unter einem Kirchenjuristen als Ministerpräsident durchgesetzt und einem Pfarrer als Bildungsminister im Schulgesetz verankert wurde.
  2. In Brandenburg leben nur 5% Bürger mit Migrationshintergrund im Gegensatz zu Berlin, wo 25% der Einwohner und 42% der Schüler einen Migrationshintergrund haben.

In diesem Kontext leistet der gemeinsame Ethikunterricht für alle Schüler einen zentralen Beitrag zur Integration und Wertorientierung an Grundgesetz und Menschenrechten in Berlin. Eine Trennung der Schüler für katholischen, evangelischen und islamischen Religionsunterricht, Lebenskunde und Ethik in Fragen der Wertorientierung würde den integrativen Charakter des Faches Ethik zerstören.

 

Deshalb fordert der Bundesverband der Ethiklehrer den Erhalt des gemeinsamen  Ethikunterrichts für alle Schüler in Berlin.“

 

Für Nachfragen: Peter Kriesel, Tel. 01573/8813562 oder 030/99542085 – kriesel.ler@web.de 

Presseerklärung von Regina Kittler, MdA, Linksfraktion, zu Ethik und den Koalitionsverhandlungen
Nr013-ethik-01112011PE Linksfraktion.pdf
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Presseinformation des HVD Berlin vom 1.11.2011

 

An der Berliner Bevölkerung vorbeiregieren – so geht’s

Bildungsfragen stehen heute auf der Tagesordnung der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU in Berlin. Dabei sollte es auch um Bildung gehen und nicht um die Durchsetzung kirchlicher Interessen, fordert der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg. Grundlage dafür müssen die gesellschaftlichen Realitäten und Bedürfnisse sein.

 

(31/10/2011) Geht es nach der CDU, soll es künftig keinen gemeinsamen wertebildenden Unterricht mehr in Berlin geben. Statt einmal wöchentlich im Ethikunterricht gemeinsam über Werte und Normen in einer multikulturellen und pluralistischen Gesellschaft nachzudenken, will die Berliner CDU die Aufteilung der Schülerschaft in Ethikschüler und Religionsschüler durchsetzen. Das Vorhaben der Besserstellung des Religionsunterrichts, mit dem sie bereits 2009 im Volksbegehren Pro Reli scheiterte, soll nun durch die Hintertür verwirklicht werden – an der Berliner Bevölkerung vorbei. Das gesamte Vorhaben spricht dafür, dass die Berliner CDU wenig mit der Bevölkerung der Hauptstadt vertraut ist. Denn:

  1. Das Vorhaben, den Religionsunterricht mit dem Ethikunterricht gleichzustellen, scheiterte vor zwei Jahren in aller Deutlichkeit. Von den wahlberechtigten Berlinern wollte sich nicht einmal jeder Dritte an der Abstimmung überhaupt beteiligen. Für die von der CDU massiv unterstützten Anliegen der Initiatoren des Volksbegehrens stimmten sogar nur 14,1 % aller Wahlbeteiligten. Die CDU Berlin konnte also nicht einmal die eigene Klientel für den verpflichtenden Religionsunterricht an Berliner Schulen begeistern. Dementsprechend rührte sie das Thema im diesjährigen Wahlkampf auch nicht an, um nicht mögliche Wähler zu verschrecken. Das Thema Religionsunterricht nun am Verhandlungstisch aus der Schublade zu holen, ist ein politischer Affront gegenüber den eigenen Wählern und gegenüber dem eindeutigen Votum der Berliner Bevölkerung.
  2. Pro Reli-Initiator und CDU-Landesvorstand Christoph Lehmann schlug nun die Einführung des Brandenburger Modells vor, welches vorsieht, dass sich Schüler des Religionsunterrichts vom gemeinsamen LER-Unterricht (Lebensgestaltung – Ethik – Religionskunde) abmelden können. Der bildungspolitische Sprecher der CDU, Sascha Steuer, sagte, dass das Thema diskutiert werde. Offensichtlich ist, dass die CDU sich hier ideologiepolitisch treiben und die Berliner Realitäten außer Acht lässt. Von den Berliner Schülerinnen und Schülern haben mehr als zwei Fünftel einen Migrationshintergrund, ihre Werte und Normen haben also neben den deutschen auch noch andere gesellschaftlich-kulturelle Wurzeln. Für ein friedliches und tolerantes Zusammenleben in Berlin ist es unerlässlich, dass ein gemeinsamer, nicht ideologisch gefärbter Werteunterricht stattfindet, wie ihn der Ethikunterricht bietet. Nur hier können die Berliner Schülerinnen und Schüler gemeinsam um die Art und Weise des Zusammenlebens in einer Gesellschaft ringen, die sie zu einem großen Teil selbst ausmachen. Daher braucht Berlin auch einen gemeinsamen Werteunterricht! Die Einführung des Brandenburger Modells – in Brandenburg besitzt weniger als 5 % der Schülerschaft einen Migrationshintergrund – würde den Berliner Realitäten überhaupt nicht gerecht.
  3. Aus dem Blick geraten in dieser Debatte auch die Schülerinnen und Schüler, die freiwillig an den unterschiedlichen Weltanschauungsfächern teilnehmen. Und dies sind nicht wenig, wie die Argumentation der CDU vermuten lassen könnte. Am evangelischen Religionsunterricht nehmen nach Auskunft der Evangelischen Kirche (EKBO) knapp über 80.000 Schülerinnen und Schüler teil. Nach Hochrechnungen des HVD Berlin-Brandenburg beträgt die Anzahl der Lebenskundeschüler/-innen in Berlin in diesem Jahr erstmals mehr als 50.000. Am katholischen Religionsunterricht nahmen im vergangenen Jahr etwas mehr als 25.000 Schüler teil. Es folgten mit weitem Abstand der islamische, der jüdische und sonstiger Religions- und Weltanschauungsunterricht. Wenn es nun darum gehen soll, den Religionsunterricht gegenüber anderen Weltanschauungsfächern besserzustellen, ist zu vermuten, dass die CDU angesichts dieser Zahlen nur den christlichen Religionsunterricht aufwerten will. Mit dieser Debatte wird den Schülerinnen und Schülern in Berlin vermittelt, es gebe einen höher- und minderwertigen Weltanschauungsunterricht. Dies ist mit Verlaub nicht der Fall. Der weltanschaulich geprägte Werteunterricht findet in Berlin als freiwilliges Unterrichtsfach für alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gleichberechtigt neben dem verpflichtenden Ethikunterricht statt – „und das ist auch gut so“, um Berliner Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit zu zitieren. Die Besserstellung des christlichen Religionsunterrichtes zöge eine künstliche Trennlinie zwischen den Berliner Schülerinnen und Schülern, die einem toleranten und weltoffenen Berlin widersprechen würde.
  4. Das Vorgehen der Berliner CDU ist ein verfassungspolitischer Irrweg. Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind gem. Grundgesetz Art. 140 in Verbindung mit dem nach wie vor geltenden Art. 137, Abs. 7 der Weimarer Reichsverfassung gleichgestellt. Die Besserstellung des Religionsunterrichts etwa gegenüber dem Lebenskundeunterricht des Humanistischen Verbandes verstößt gegen diesen Verfassungsgrundsatz.

Will die CDU in der Hauptstadt eine Politik gestalten, die sich an den gesellschaftlichen Realitäten und Bedürfnissen der Berlinerinnen und Berliner orientiert, dann muss sie ihre ideologische Brille abnehmen. Die Berliner Bevölkerung lebt zum Großteil konfessionsfrei, ohne dabei die Bedürfnisse der Gläubigen zu beschneiden. Nun sollte die Partei nicht beginnen, die Grundlage für dieses friedliche und tolerante Miteinander zu zerstören, will sie nicht von Anfang an an den Berlinerinnen und Berlinern vorbeiregieren.

Und auch die SPD, die 2009 das Bündnis Pro Ethik unterstützt hatte, ist gut beraten, wenn sie auf das Drängen der CDU nicht eingeht und die bewährte Berliner Regelung unangetastet lässt. Denn einen Koalitionsvertrag, der zwar das gemeinsame Regieren erlaubt, aber an den Realitäten und Bedürfnissen der Stadt vorbeigeht, kann nun wirklich niemand gebrauchen.

PRESSEMITTEILUNG der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im > Abgeordnetenhaus -> Berlin
NR. 373 Datum: 27. Oktober 2011
Ja zum Ethikunterricht, ja zum freiwilligen Religionsunterricht!

Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher, sagt zur Absicht der CDU, das Berliner Modell des freiwilligen Religionsunterrichts abzuschaffen:
Nach dem Berliner Modell findet der Unterricht der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften für Schülerinnen und Schüler in Berlin freiwillig statt. Die Schülerinnen und Schüler können die Angebote der evangelischen und der katholischen Kirche, den jüdischen, islamischen und buddhistischen Religionsunterricht sowie den Lebenskundeunterricht des Humanistischen Verbands freiwillig in Anspruch nehmen. Daneben wurde 2006 der Ethikunterricht ab der siebten Klasse als verpflichtender Unterricht eingeführt. 2009 haben sich die Berlinerinnen und Berliner bei einem Volksentscheid mehrheitlich gegen die Abschaffung des Berliner Modells entschieden und ein Wahlpflichtfach Religion abgelehnt.
Anscheinend möchte die CDU dieses nun ändern und sich im Rahmen der Koalitionsgespräche mit der SPD für eine Aufweichung des Berliner Modells einsetzen. Sie will den Religionsunterricht auf die Stufe des Ethikunterrichts heben und somit ein Wahlpflichtfach Religion einführen, wonach sich die Schülerinnen und Schüler entweder für den Ethik- oder den Religionsunterricht entscheiden müssen. Damit will CDU die Berliner Errungenschaft des bewährten gemeinsamen wertebildenden Unterrichts abschaffen. Herr Wowereit und Berliner SPD sind gut beraten, sich den Versuchen der CDU zu widersetzen, das Ergebnis des Volksentscheids "Pro-Reli" in Frage zu stellen und ein Wahlpflichtfach Religion einzuführen.
Unsere Position ist klar: Ja zum gemeinsamen Ethikunterricht und ja zum freiwilligen Religionsunterricht. Die gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Vielfalt in unserer Stadt bietet Chancen und Konflikte. Wenn Integration gelingen soll, brauchen wir an der Schule Verständigung über gemeinsame Regeln und einen Raum für den Dialog. Ein Wahlpflichtbereich, der Schülerinnen und Schüler nach Bekenntnissen separiert, manifestiert die Andersartigkeit und ist desintegrativ!

Pressemitteilung des HVD zu Koalitionsforderungen der Berliner CDU im Oktober 2011
PM HVD 10_2011.pdf
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Wahlprüfsteine

Der Fachverband Ethik, Landesverband Berlin, hat rechtzeitig vor der Abgeordnetenhauswahl Wahlprüfsteine zum Ethikunterricht an die fünf im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien verschickt und von drei Parteien Antworten erhalten. Näheres finden Sie unter Aktuelles!

Wir haben als "Bündnis Pro Ethik" am 5. Mai 2010 das "Dialogforum Ethik" eröffnet, dessen Aufruf wir nachstehend präsentieren. Wir erbitten dazu Ihre Beiträge über das Menü "Kontakt"!

Religionen, Weltanschauungen und Kulturen Berlins beim ersten Rundtischgespräch
Religionen, Weltanschauungen und Kulturen Berlins beim ersten Rundtischgespräch
Die Vielfalt von Religionen, Weltanschauungen und Kulturen in Berlin
- Herausforderungen für den gemeinsamen Ethikunterricht-
Arbeitsstandpunkte des Pro-Ethik-Koordinierungskreises / Juni 2010
Arbeitsstandpunkte Pro Ethik zu RWK im E
Microsoft Word Dokument 262.0 KB
Das Konsenspapier vom Rundtischgespräch vom 26. Mai 2010
Es ist außerordentlich erfreulich, dass im Ergebnis des Gesprächs ein Konsenspapier zu anstehenden Aufgaben zustande gekommen ist. Die Beratung soll im Herbst fortgesetzt werden.
Konsenspapier 26.5.2010.pdf
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Erfreulich ist eine sehr lesenswerte Magisterarbeit zur Auseinandersetzung Pro Reli Versus Pro Ethik in Berlin 2008/09, die an der Universität Potsdam eingereicht worden war (s. download).
Die Politikstudentin Frauke Janßen hat sich mit der Rolle der Evangelischen Kirche bei der Pro Reli Kampagne beschäftigt und ist zu sehr bemerkenswerten Schlussfolgerungen gelangt. In der Anlage der Arbeit sind Interviews aus der Nachbetrachtung von Vertretern des Pro Ethik Lagers Frau Dr. Felicitas Tesch, Ruth Priese und Dr. Gerhard Weil, vom Pro Reli-Lager Dr. Lehmann und Oberkirchenrat Schultz von der Studentin erhalten. Die interessanten Interviews sind im Anhang der Arbeit vollständig abgedruckt. Wir danken Frau Frauke Janßen für ihre Genehmigung der Veröffentlichung!

Ethik oder Religion?
Die Rolle der EKD in dem Konflikt im Land Berlin um die Neugestaltung des weltanschaulichen Schulunterichts
magisterarbeit.pdf
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Wie kam es zum Fach Ethik an Berlins Schulen und was passierte beim Volksentscheid von "Pro Reli"?

Die Powerpoint Dokumentation von Dr. Gerhard Weil, Sprecher des Bündnis Pro Ethik, gibt Aufschluss und kann hier rundergeladen werden!

Pro Ethik oder Pro Reli in Berlin
Kontrahenten, Methoden der Auseinandersetzung, Schritte zum Erfolg
Pro Ethik oder Pro Reli.pps
Microsoft Power Point Präsentation 3.0 MB

Tabelle: Beteiligung und abgegebene Stimmen beim Volksentscheid über die Einführung des Wahlpflichtbereichs Ethik/Religion am 26. April 2009 in %. Ausgezähltes Ergebnis (bei 100%: Vorläufiges Ergebnis)

 

Bezirk

Aus-
zählungs-
stand

Beteiligung

Ja

Nein

Ungültig

in % der Teil-
nehmer

in % der Stimm-
berechtigten

in % der Teil-
nehmer

in % der Teil-
nehmer

Mitte

100,0

24,3

44,8

10,9

55,0

0,2

Friedrichshain-Kreuzberg

100,0

26,2

27,1

7,1

72,7

0,2

Pankow

100,0

27,9

28,9

8,1

70,9

0,2

Charlottenburg-Wilmersdorf

100,0

34,3

60,5

20,8

39,3

0,2

Spandau

100,0

28,1

69,2

19,4

30,7

0,2

Steglitz-Zehlendorf

100,0

41,4

66,3

27,4

33,5

0,2

Tempelhof-Schöneberg

100,0

33,6

60,9

20,5

38,9

0,2

Neukölln

100,0

26,5

61,8

16,4

37,9

0,3

Treptow-Köpenick

100,0

27,7

26,3

7,3

73,5

0,2

Marzahn-Hellersdorf

100,0

21,6

22,7

4,9

77,0

0,3

Lichtenberg

100,0

23,2

21,3

5,0

78,4

0,3

Reinickendorf

100,0

33,2

69,1

22,9

30,7

0,2

Berlin insgesamt

100,0

29,2

48,5

14,2

51,3

0,2

 


Beteiligung und abgegebene Stimmen beim Volksentscheid über die Einführung des Wahlpflichtbereichs Ethik/Religion am 26. April 2009 - absolut. Ausgezähltes Ergebnis (bei 100%: Vorläufiges Ergebnis)

 

Bezirk

Auszählungs-
stand

Stimm-
berechtigte

Teil-
nehmer

darunter

Ja

Nein

Ungültig

in %

in %

absolut

absolut

absolut

absolut

Mitte

100,0

193.529

47.042

21.059

25.866

117

Friedrichshain-Kreuzberg

100,0

168.825

44.205

11.962

32.151

92

Pankow

100,0

279.667

78.161

22.595

55.394

172

Charlottenburg-Wilmersdorf

100,0

216.519

74.348

44.974

29.191

183

Spandau

100,0

161.008

45.255

31.297

13.883

75

Steglitz-Zehlendorf

100,0

214.855

88.937

58.966

29.805

166

Tempelhof-Schöneberg

100,0

230.507

77.375

47.145

30.100

130

Neukölln

100,0

195.143

51.677

31.928

19.609

140

Treptow-Köpenick

100,0

198.357

54.960

14.471

40.375

114

Marzahn-Hellersdorf

100,0

202.373

43.793

9959

33.722

112

Lichtenberg

100,0

202.966

47.157

10.053

36.981

123

Reinickendorf

100,0

181.937

60.378

41.710

18.532

136

Berlin insgesamt

100,0

2.445.686

713.288

346.119

365.609

1560

 


Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg

 

Das dunkelrote Quadrat steht für den Volksentscheid von "Pro Reli" und ist als einziger Entscheid in Deutschland gescheitert, weil es mehr Nein- als Ja-Stimmen gab. Das Quorum wurde zudem auch verfehlt!

Quelle: Berliner Zeitung vom 17.2.2014