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Zwei Pro Reli - Argumente geplatzt!
1. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes widerlegt Dr. Lehmann.
2. Bischof Huber und die statistischen Wunder.
1. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes widerlegt Dr. Lehmann von Pro Reli!
„7. Fundamentalismus bekämpfen: Der
Wahlpflichtbereich Ethik/Religion vermindert die Gefahr von Fundamentalismus. Religiöse Fanatiker und radikale Extremisten gibt es leider überall. Als ordentliches Lehrfach kann der
Religionsunterricht an den Schulen ein wichtiger Gegenpol sein. Hier erfahren die Schülerinnen und Schüler, dass Religion und Verfassungstreue keine Gegensätze sind. Hier erfahren sie im
interreligiösen Dialog mit den anderen Weltanschauungen ganz konkret, dass das Ausleben der eigenen Grundüberzeugung den Respekt und die Toleranz gegenüber dem Andersdenkenden nur vertiefen
kann.“
Dies stellt ein Originalzitat von
Argumenten auf der Homepage von Pro Reli e.V. dar. Wir als Initiative Pro Ethik hatten schon lange dagegen argumentiert, dass der Staat in Form der Bildungsverwaltung/Schulaufsicht schon heute, z.B.
beim islamischen Religionsunterricht durch die Islamische Föderation nichts weiter machen kann, als mit Schulleitungen oder Schulaufsichtsbeamten Unterrichtsbesuche durchzuführen, Hausaufgaben und
Klassenbücher zu prüfen sowie die Rahmenlehrpläne abzulehnen bzw. auf Änderungen zu drängen. Genau das ist in der Vergangenheit geschehen und mehr könnte man auch nicht in einem verstaatlichten
Religionsunterricht zur Kontrolle veranlassen. Als Gegenargument kam dann, selbstverständlich hätte man dann andere Träger! Wie naiv! Schließlich hat sich die Islamische Föderation in zahlreichen
Prozessen gegen die Senatsschulverwaltung das Recht zum Religionsunterricht erkämpft. Und in Berlin gibt es weder einen möglichen alternativen Träger noch eine universitäre islamische
Religionslehrkräfteausbildung wie an der Uni Münster, die den eigenen Bedarf in NRW schon nicht bewältigt.
Nun hat es der Abgeordnete Özcan Mutlu von der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen unternommen, einmal den Wissenschaftlichen Parlamentsdienst (WPD) mit einem „Gutachten über staatliche
Einwirkungsmöglichkeiten auf den Religionsunterricht“ zu beauftragen. Was kam heraus? Eine lange rechtliche Abwägung mit einem klaren Ergebnis: "Die
Maßstäbe für die inhaltliche Kontrolle des Unterrichts sind dabei die gleichen wie in den Bundesländern, in denen der Religionsunterricht ein ordentliches Lehrfach ist."(siehe download unter
Argumente!)
Der Tagesspiegel berichtete exklusiv darüber (siehe download unter Presse – ausgewählte Artikel), nicht ohne abschließend Berlins obersten Pädagogen zu befragen. Der wertete das Gutachten durchaus
konservativer Juristen flugs ab: „Bei
einem staatlichen Unterrichtsfach ist der Staat der Herr des Verfahrens, da er die Prüfungsbedingungen für die Lehrämter erlässt und die Rahmenlehrpläne erarbeitet“, betont Pokall. Auch wenn dies im
Benehmen mit den Religionsgemeinschaften passiere, sei das doch etwas gänzlich anderes, als wenn die Religionsgemeinschaften die eigentlichen Verfasser der Rahmenpläne seien, wie in Berlin üblich.“
(TsP). Wundert das irgendwen? Schließlich ist Herr Pokall CDU-Mitglied, Katholik und nach Auskunft vor
Jahren gegenüber dem „Spiegel“ sei allein seine Ehefrau Mitglied in der katholischen Geheimorganisation „opus dei“!
Gerhard
Weil
2. Bischof Huber und die statistischen Wunder
Es gibt genügend Äußerungen des evangelischen Bischofs Wolfgang Huber, die als eine Standardbegründung für das Volksbegehren von Pro Reli immer wieder auf den dramatischen Rückgang der
SchülerInnenzahlen ab der 7. Klasse der Berliner Oberschule seit der Einführung des Pflichtfaches Ethik im Jahre 2006 hinweisen(4850 Fundstellen bei einer Google Recherche Anfang Dezember 2008!). In
diesem Zusammenhang nennt Huber einen Rückgang von fast 25%, in den 7. und 8. Klasen, wobei er gerne zugibt, das auch durch die Verkürzung der Zeit bis zum Abitur um ein Schuljahr und die damit
verbundene Verdichtung des Stundenplanes die Jugendlichen abgehalten werden würden, noch den (schon immer) freiwilligen Religionsunterricht zu besuchen. Aber, so wird dargelegt, das inhaltlich
ähnlich strukturierte Ethikfach mache einen Verzicht auf den Religionsunterricht leichter. Als Konsequenz fordern deshalb die Amtskirchen und Pro Reli die Verstaatlichung des Religions- und
Weltanschauungsunterrichts und die Einführung eines Wahlpflichtfaches Religion/Ethik.
Nun war es vor 2006 ja so, dass nur noch 25% der Oberschüler überhaupt dieses damals völlig alternativlose Unterrichtsangebot wahrgenommen haben, während die Resonanz an der Grundschule bei insgesamt
75% lag. Da liegt eigentlich die Frage nahe, warum damals und heute so wenige SchülerInnen von den Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften – vor allem außerhalb der Gymnasien und des Westteils der
Stadt - aktiviert werden konnten, was die Parlamentsmehrheit und den Senat erst zu dem alle verpflichtenden gemeinsamen Ethikfach veranlasste. Diese selbstkritische Frage wurde aber zugunsten der
Schuldzuweisung auf rot-rot-grüne Aktivisten und „Kirchenfeinde“ zurückgestellt.
Im Orginaltext von Bischof Huber bei einem Telefoninterview im Deutschlandradio am 24.9. 2008 liest sich das wie folgt: „Huber:
Nein, das
ist dezidiert falsch. Wir haben in den letzten Jahren prozentual im Anteil der Schülerschaft ein Wachsen des Religionsunterrichts gehabt und der Rückgang um 25 Prozent bezieht sich ausschließlich
aufs 7. und 8. Schuljahr, wo jetzt der Ethik-Unterricht eingeführt worden ist. Das heißt, es gibt nicht ein allgemeines Desinteresse. Es gibt Schwierigkeiten, weil der Religionsunterricht ja auch
schon bisher in Berlin kein ordentliches Unterrichtsfach war, auch in der Grundschule nicht, und deswegen oft randständig in Randstunden platziert ist. Trotz all dieser Schwierigkeiten ist der Anteil
der Schülerinnen und Schüler, die zum Religionsunterricht gehen, gewachsen. Es hat einen Einbruch gegeben durch die Einführung des staatlichen Pflichtfachs Ethik und dieser Einbruch von 25 Prozent
bezieht sich auf das 7. und 8. Schuljahr. Das stimmt also nicht. Es gibt nicht etwa ein fortlaufendes Desinteresse; es gibt ein klares Interesse auch in den Berliner Schulen am Religionsunterricht.
Und Sie können ganz sicher sein: wenn dieser Religionsunterricht ordentlich organisiert wäre und einen klaren Status an der Berliner Schule hätte, dann würde dieser Religionsunterricht auch in
Anspruch genommen.“
Wie
dumm nur, dass ausgerechnet das kirchliche „Kampforgan“ „Notbund aktuell“ in der Dezemberausgabe die Teilnehmerzahlen am evangelischen Religionsunterricht in Berlin veröffentlichte, also nicht gerade
eine kirchenfeindliche Quelle:
Evangelischer Religionsunterricht
Teilnehmer
im Verhältnis zur Gesamtschülerzahl
Schuljahr/ Jahrgänge |
2005/06 |
2006/07 |
2007/08 |
2008/09 |
7. Jahrgang |
27,5 |
21,4 |
24,1 |
22,6 |
8. Jahrgang |
21,2 |
21,1 |
18,4 |
18,0 |
9. Jahrgang |
13,8 |
14,7 |
15,0 |
13,5 |
|
|
|
|
|
Durchschnitt |
20,83 % |
19,06 |
19,17 |
18,03 |
(Quellen: Welt-Online 09.12.08 und Dezember-Ausgabe "Notbund aktuell", S. 4)
Auf der Basis einer Meldung des Evangelischen Pressedienstes epd berichtete deshalb die ja nun wahrlich nicht Pro Reli- und kirchenfeindliche „Welt“ am 9. 12.2008:
„Schülerzahlen bei Religionsunterricht konstant
Die Teilnehmerzahlen am freiwilligen Religionsunterricht an Berliner Schulen sind in diesem Schuljahr stabil geblieben. Danach besuchen aktuell ein Viertel aller Schüler (25,2 Prozent oder 81 319) den evangelischen Religionsunterricht in den verschiedenen Klassenstufen, teilte die evangelische Landeskirche in Berlin mit. Das sei ein Minus von 0,7 Prozentpunkten gegenüber dem vergangenen Schuljahr.
Am katholischen Religionsunterricht nehmen nach Angaben des Erzbistums 7,8 Prozent aller Schüler (25 397) teil. Damit habe sich deren Zahl geringfügig um 0,1 Punkte gegenüber dem vergangenen Schuljahr erhöht. Die Gesamtschülerzahl liegt in diesem Schuljahr den Angaben zufolge bei 323 220 Mädchen und Jungen. Das sind 5160 weniger als im Schuljahr zuvor.
Beim dem ebenfalls auf freiwilliger Basis angebotenen Lebenskunde-Unterricht, der als Alternative zum Religionsunterricht verstanden wird, verzeichnete der Humanistische Verband Deutschlands einen Zuwachs um 5,4 Prozent. Damit behauptet der HVD mit insgesamt 47 177 Schülern nach eigenen Angaben den zweiten Platz hinter der evangelischen Landeskirche bei den Anbietern von Religions- und Weltanschauungsunterricht. epd „
Dabei muss man wissen, dass in den letzten Jahren in der Zeit vom Schuljahr 1999/2000 bis 2008/2009 die Schülerzahlen in den Klassen 7 bis 10 von 138.334 auf 99.666 zurückgegangen sind.
Betrachtet man die obige Statistik, so ergibt sich für die drei in Rede stehenden Jahrgänge ein realer
Verlust im Verhältnis zur Gesamtschülerzahl in der Zeit des Ethikunterrichts in den Klassen 7-9 von 2,8 % von 2006-2008!
Auch für
einen Bischof dürfte der Unterschied von 2,8% zu 25% ein gewaltiger sein, ja es scheint sich sogar um ein statistisches Wunder der Vermehrung um fast das Zehnfache zu handeln. Nun gibt es einzig
in der katholischen Kirche für Wunder zuständige Gremien, in evangelischen Gebieten waren sie bislang eher selten anzutreffen. Suchen wir sie deshalb ab jetzt im Amtszimmer des EKD-Ratsvorsitzenden
Prof. D. Dr. Wolfgang Huber!
Gerhard Weil